Die Zeitenwende ein Jahr nach Beginn des Ukraine-Kriegs | 16 Zukunft gerecht Talk
Shownotes
Ein Jahr nach Kriegsbeginn fragen wir: Wo steht die Zeitenwende jetzt? Wie blicken die Ukrainer*innen auf die Debatten in Deutschland? Im Gespräch mit Felix Hett (FES Ukraine) und Peer Teschendorf (FES-Projekt Zeitenwende) wird deutlich, dass es nötig ist, deutsche Interessen zu formulieren – und auch zu vertreten. Denn der Blick auf alte Bündnisse und wirtschaftliche Verflechtungen zeigt, dass das bestehende Gefüge ins Wanken geraten ist. Die Zeitenwende bietet also die Chance, neue Allianzen zu schmieden und die Ukraine im Kampf gegen Russland weiter zu unterstützen.
Mit: Felix Hett (FES Ukraine), Peer Teschendorf (FES-Projekt Zeitenwende). Moderation: Christian Krell
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00:00:00: Herzlich willkommen zum Zukunft gerecht Podcast der Friedrich-Ebert-Stiftung.
00:00:08: Mein Name ist Christian Krell. Ich bin Politikwissenschaftler.
00:00:11: Ich darf diesen Podcast für die Friedrich-Ebert-Stiftung moderieren.
00:00:14: Wir zeichnen heute am 10. Februar eine Sonderfolge auf.
00:00:19: Die zeichnen wir auf wegen eines traurigen Jubiläums.
00:00:23: Vor einem Jahr, am 24. Februar, hat Russland einen umfassenden Angriff
00:00:29: nach einem schon lange vorherrschenden Konflikt im Osten des Landes
00:00:34: damals also ein flächendeckender Angriff auf das Land.
00:00:37: Wir haben in der Folge dieses Angriffs eine Reihe von Gesprächen hier im Podcast geführt.
00:00:42: Wir haben die Situation unmittelbar in Kiew und in Moskau vermessen.
00:00:48: Wir haben geschaut, wie sich die Situation dort entwickelt.
00:00:50: Wir haben uns gefragt, was heißt das für Deutschland und für Deutschlands Rolle in der Welt?
00:00:54: Wir haben überlegt, welche Perspektiven es zum Ende dieses Konflikts geben kann.
00:00:59: An diese Folgen wollen wir heute anschließen.
00:01:02: Wir wollen heute daran anschließen mit unserem Gespräch, prüfen, was damals falsch war.
00:01:08: Wie hat sich die Situation verändert?
00:01:12: Welche Perspektiven gibt es heute?
00:01:14: Ich freue mich sehr über zwei außerordentlich interessante, passende Gesprächspartner
00:01:20: für diesen Austausch. Zunächst Felix Het, Felix ist Büroleiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kiew.
00:01:28: Er hat zuvor in Moskau und in Tieflis gearbeitet.
00:01:32: Er hat auch von Berlin aus für die Friedrich-Ebert-Stiftung als Osteuropa-Experte gearbeitet.
00:01:38: Also ein ausgewiesener Kenner der Region.
00:01:41: Felix, schön, dass du dabei bist. Herzlich willkommen.
00:01:43: Danke schön.
00:01:44: Darüber hinaus begrüße ich allen alten Bekannten in unserer Runde Per Teschendorf.
00:01:48: Per Teschendorf war auch vor einem Jahr dabei damals als Büroleiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Moskau.
00:01:54: Er hat zuvor im Kasastan, in Uzbekistan für die Friedrich-Ebert-Stiftung gearbeitet
00:01:59: und leitet jetzt das Projekt "Zeitenwende für Frieden und Sicherheit" in der FS-Zentrale in Berlin.
00:02:05: Herzlich willkommen, Per.
00:02:06: Herzlich willkommen, schön, dass du da dabei bist.
00:02:08: Ja, danke, dass ihr euch die Zeit nehmt.
00:02:10: Wir werden drei Dinge grob in den Blick nehmen.
00:02:14: Wir wollen wiederum die unmittelbare Situation in Kiew in den Blick nehmen,
00:02:18: auch darüber reden, wie sich die Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung dort darstellt.
00:02:23: Zweitens würde ich gerne mit euch schauen, wie hat sich denn die Situation und die Debatte in Deutschland verändert?
00:02:30: Das große Schlagwort ist die "Zeitenwende".
00:02:33: Wir prüfen, wo wir stehen in Bezug auf die "Zeitenwende"
00:02:37: und was das eigentlich genau heißt, ein Jahr nach der Regierungserklärung von Olaf Schott zu dem.
00:02:43: Und darüber hinaus, drittens möchte ich gerne Perspektiven in den Blick nehmen,
00:02:48: darüber, wie dieser Konflikt beendet werden kann und auch darüber,
00:02:52: welche Rolle andere Akteure dabei spielen, die Europäische Union, die USA, China.
00:02:58: Die werden wir auch in den Blick nehmen.
00:03:00: Aber lasst uns zunächst, wenn ihr gestattet, tatsächlich die Situation in der Ukraine unmittelbar in diesen Tagen in den Blick nehmen.
00:03:08: Als wir vor einem Jahr darüber gesprochen haben, hat unser Kollege Marcel Rötig
00:03:14: die wirklich dramatische Situation sehr eindrucksvoll geschildert,
00:03:18: die Flucht von Millionen Menschen, die Nächte im Keller bis hin zur Geburt eines Kindes,
00:03:23: einer Kollegin der Geburt von Mira, einem kleinen Mädchen,
00:03:28: mit dem Namen, der im Deutschen übersetzt "Die Friedliche" heißt.
00:03:33: Felix, wann hast du das Büro übernommen und wie stellt sich im Moment die Situation in Kiew da?
00:03:39: Also ich habe im Oktober 22 die Zuständigkeit für Kiew und auch unser Projekt "In der Moldau" von Marcel übernommen.
00:03:51: Wie stellt sich die Situation jetzt da?
00:03:56: Ich war zuletzt vor einer Woche in der Ukraine, bin Samstag vor einer Woche zurückgekommen,
00:04:02: in Kiew selbst, würde ich sagen, ist eine erstaunliche, manchmal etwas bizarre und dann wieder ganz normale Normalität eingekehrt.
00:04:14: Also was ich immer wieder erstaunlich finde, ist die Fähigkeit des Menschen, sich an ganz unterschiedliche Bedingungen und Kontexte anzupassen.
00:04:23: Und es gibt so Momente, wo man in Kiew unterwegs ist, wo man Partner in Restaurants und Cafés trifft,
00:04:29: wo man denkt, hier soll Krieg sein, man merkt ja gar nichts davon.
00:04:34: Und dann guckt man sich um oder sitzt im Restaurant und auf einmal geht das Licht aus, weil jetzt der Stromausfall da ist
00:04:42: und dann dauert es ein bisschen und dann rattet der Generator draußen los und dann geht es ganz normal weiter.
00:04:49: Oder man geht über die Straße und sieht, dass Statuen und Denkmäler in der Innenstadt von Kiew weiterhin in Sandsäcke eingekleidet sind
00:04:57: oder das Sandsäcke vor Kellerfenstern steht.
00:05:00: Aber die Situation, dadurch, dass sich die militärische Lage ja auch im Vergleich zum früher letzten Jahres deutlich geändert hat,
00:05:08: ist der Krieg von Kiew weitgehend weggerückt.
00:05:12: Also es wird in der Umgebung nicht mehr gekämpft.
00:05:15: Die Angriff, der russische Angriff auf Kiew ist gescheitert, die Truppen sind zurückgeschlagen worden.
00:05:21: Es kommt nur hin und wieder zu den russischen Luftangriffen, wie jetzt gerade im Moment, wo wir sprechen,
00:05:29: ist wieder Luftalarm in der Ukraine und es werden auch Explosionen aus Kiew vermeldet.
00:05:34: Das ist aber im Moment relativ berechenbar in dem Sinne, dass das nur knapp alle zwei Wochen passiert im jetzigen Rhythmus
00:05:45: und auch damit haben die Leute gelernt, umzugehen, vielleicht erstmal so viel dazu.
00:05:53: Ja, das ist ein ganz beeindruckendes Bild.
00:05:56: Ein Nebeneinander von einer bizarren Ausnahmesituation, wie du sagst,
00:06:00: und irgendwie Normalität, Menschen passen sich an an die Umstände.
00:06:04: Wenn du da Gespräche führst, was sind das für Themen im Moment, die du da bewegst mit deinen Gesprächspartnern?
00:06:10: Ja, also es ist natürlich der Krieg und wie es weitergeht.
00:06:14: Auch das, was wir heute jetzt noch im Laufe des Gespräches hier ansprechen und diskutieren werden.
00:06:21: Aber wir haben ja auch eine ganz wichtige Funktion als Ebert Stiftung, die ukrainische Innenpolitik zu begleiten.
00:06:31: Und jetzt vor in der letzten Woche war eines der beherrschenden Themen natürlich die Regierungsumbildung
00:06:38: in Folge von Korruptionsskandalen, die ans Tageslicht gekommen sind.
00:06:43: Und mich hat da sehr interessiert, was die Perspektiven da drauf sind, wie die innenpolitische Lage beurteilt wird.
00:06:53: Klar wird das im Moment alles vom Krieg überdeckt.
00:06:56: Aber wir haben ja die Hoffnung, dass der Krieg auch irgendwann wieder vorbei sein wird.
00:07:01: Und wir versuchen uns als Ebert Stiftung so ein bisschen auf diese Zeit vorzubereiten.
00:07:06: Beziehungsweise gehen noch davon aus, dass das Land, das aus dem Krieg herausgehen wird,
00:07:13: wird ein anderes sein als das, wie es in den Krieg hineingegangen wird.
00:07:17: Und ich denke, dass bestimmte Grundentscheidungen, Richtungsentscheidungen schon jetzt im Laufe des Krieges getroffen werden.
00:07:26: Und das ist natürlich wichtig da, am Ball zu bleiben und das mitzuverfolgen.
00:07:31: Das heißt, es ist ja für die Ukraine eine Doppelsituation, in der es einerseits darum geht, diesen Krieg irgendwie zu bewältigen,
00:07:39: mit diesem Krieg umzugehen und andererseits an vielen anderen Stellen Anpassungen vorzunehmen.
00:07:45: Du hast Korruption angesprochen, das ist ja wichtig hinsichtlich einer Beitrittsperspektive zur Europäischen Union.
00:07:51: Also es gibt sozusagen einen Nebeneinander von zwei Prozessen.
00:07:56: Genau, also das innenpolitische Leben, das hört natürlich nicht auf und die gesellschaften Entwicklungen setzen sich fort.
00:08:05: Und parallel gibt es ja auch schon in Deutschland und in Brüssel und an anderen Orten die Wiederaufbau-Diskussion.
00:08:12: Und da gibt es natürlich diese Formeln von Build Back Better.
00:08:16: Es gibt Konzepte und PowerPoint-Präsentationen, die gemacht werden zum Thema grüner Wiederaufbau.
00:08:22: Also diese Debatten laufen ja Gott sei Dank auch jetzt schon.
00:08:26: Es ist ja nicht alles on hold, nur weil gerade der Krieg ist.
00:08:31: Und es ist ganz entscheidend, denke ich, da auch hinzugucken.
00:08:35: Und durch die militärischen Erfolge, das muss man noch dazu sagen, der Ukraine im letzten Jahr,
00:08:42: ist eben im großen Teilen des Landes auch so etwas wie Alltag wieder möglich geworden.
00:08:48: Ein schwieriger Alltag geprägt von Stromunterbrechung und anderen Schwierigkeiten,
00:08:55: aber doch eine Art von Alltag.
00:08:58: Und ja, das ist das Bild, das sich bietet.
00:09:02: Das heißt ja auch, dass es für die Friedrich-Ebert-Stiftung dort wieder Möglichkeiten gibt zu arbeiten,
00:09:07: als wir mit Marcel gesprochen haben, war es unklar.
00:09:12: Es war im März letzten Jahres, wie sich die Situation darstellt und was das für die Arbeit der Ebert-Stiftung bedeutet.
00:09:18: Der Vorsitzende der Stiftung hat gesagt, wir gehen sozusagen, wenn es irgendwie vertretbar ist,
00:09:22: auch für die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder ins Land.
00:09:26: Vielleicht kannst du noch ein bisschen schildern, wie sich die Arbeit der FES im Moment darstellt.
00:09:30: Ja, auch die erstaunlich normal.
00:09:33: Ich habe gerade das letzte, was ich gemacht habe, bevor ich hier in den Podcast-Raum gekommen ist.
00:09:38: Hab mir einen Facebook-Beitrag angeguckt von der ukrainischen Agrar-Gewerkschaft "Gebiet-Sheniv",
00:09:46: die gerade mit gestern mit uns eine Seminarserie zum Thema Arbeitsbedingungen unter Kriegsrecht gestartet hat.
00:09:54: Und das waren Bilder von Menschen in Seminarräumen, so wie diese Bilder halt aussehen, ganz normal.
00:10:00: Wir haben im letzten Jahr relativ viel online gemacht, aber dann auch verstärkt wieder in Präsenz.
00:10:08: Und genauso setzen wir das jetzt auch fort.
00:10:11: Wir hatten sogar im letzten Jahr in Lemberg in der West-Ukraine eine internationale Konferenz mit vielen Besuchern,
00:10:18: vor allen Dingen aus Mitteleuropa.
00:10:21: Wir hatten auch eine Art Winterschule für junge sozialdemokratisch orientierte Aktivistinnen.
00:10:29: Und eine Reihe von Online-Fortbildungs-Seminaren und Studienprojekten.
00:10:34: Und genauso setzen wir das auch fort.
00:10:36: Also wir haben ganz gut zu tun.
00:10:39: Persönlich, nachdem die Schlacht um Kiew geschlagen war,
00:10:43: ist es ein Großteil der Mitarbeiter zurückgekehrt nach Kiew und arbeitet dort entweder vom Homeoffice oder vom Büro aus,
00:10:51: je nachdem, wo gerade die Stromversorgung und die Wasserversorgung und die Wärmeversorgung besser ist.
00:10:57: Und auch ist ja immer die Frage, wie man das mit den Kindern regelt und so weiter und so fort, sofern die vorhanden sind.
00:11:04: Und das ließ sich eigentlich über den Sommer ganz gut an.
00:11:10: Und am 10. Oktober, als ich gerade mit Marcel von der Übergabereise zurückkehrte,
00:11:16: fingen halt die russischen Attacken auf die Energienfrastruktur an.
00:11:19: Und auch das war dann eine Umbruchssituation, ein großes Fragezeichen.
00:11:24: Wie wird der Winter, wie kalt wird es? Also wie niedrig gehen die Temperaturen?
00:11:29: Und wie kalt wird es in den Häusern?
00:11:31: Und lässt sich ein Leben überhaupt in dieser Millionenstadt aufrechterhalten?
00:11:38: Was dann dazu geführt hat, dass, glaube ich, im Dezember dann eine Kollegin, die zwei kleine Kinder hat, entschieden hat,
00:11:45: für den Zeitraum des Winters wieder das Lamm zu verlassen, weil ihr das zu unsicher und zu schwierig wurde.
00:11:51: Und das ist ja kein Spaß bei niedrigen Temperaturen, wenn die Kinder zwar theoretisch in der Kita sind,
00:11:57: aber dann ist Luftalarm und dann sind die da irgendwo in der Tiefgarage.
00:12:00: Das ist ja nichts, was man irgendjemandem wünscht.
00:12:03: Ja, das ist die Situation. Das war eine große Ungewissheit.
00:12:06: Aber auch das scheint sich jetzt eingependelt zu haben.
00:12:10: Stichwort Generatoren.
00:12:12: Um unser Büro herum, alle Nachbarn haben diese Generatoren draußen aufgebaut.
00:12:18: Und es ist tüchtig laut, wenn der Strom ausfällt.
00:12:20: Wir sind etwas natürlich progressiver als andere und haben uns für leistungsstarke Powerbanks entschieden.
00:12:28: Das ist auch ganz interessant, was die Technologie da mittlerweile bietet.
00:12:32: Aber so, dass unser Büro auch wenn kein Strom da ist, jetzt mittlerweile arbeitsfähig ist,
00:12:38: weil dann so zwei große, größere als Autobatterien dann leise so rund ihre Arbeit aufnehmen
00:12:46: und dann weiter die Strom- und Internetversorgung dann sicherstellen.
00:12:50: Eine neue Normalität im Ausnahmezustand.
00:12:54: Das ist ganz beeindruckend, das zu hören.
00:12:56: Danke für die Schilderung, Felix Perl.
00:12:58: Ich will auch an unser Gespräch noch mal anknüpfen.
00:13:01: Du hast ja inzwischen eine neue Stelle in Berlin angetreten,
00:13:04: über die wir gleich ganz intensiv reden müssen.
00:13:06: Aber erzähl noch mal, wann hast du Moskau verlassen?
00:13:09: Unter welchem Eindruck bist du da weggegangen?
00:13:12: Ja, wir sind so ein bisschen schleichend raus, bis in so meine Familie relativ schnell.
00:13:18: Das war eine Situation, dass wir zu den Osterfänen nach Deutschland geflogen sind.
00:13:22: Ein paar Stunden nachdem wir angekommen waren, war die Meldung auf der Seite des Justizministeriums,
00:13:28: dass es uns nicht mehr gibt.
00:13:29: Von da an wussten große Unsicherheit, weil das Verfahren war, was auch vom russischen Recht nicht wirklich gedeckt ist.
00:13:36: Dementsprechend konnte auch niemand sagen, was das jetzt genau bedeutet und wussten auch nicht.
00:13:41: Ob wir überhaupt noch ins Land zurückkommen, denn immerhin habe ich ein Visum
00:13:44: und meine Familie hat ein Visum aufgestellt, aufgrund meiner Funktion als Leiter einer Organisation, die es so in Russland nicht mehr gibt.
00:13:50: Meine Familie hat daraufhin beschlossen, die mittlerweile relativ lange Anreisach in Moskau über neun Stunden über Istanbul und so weiter,
00:13:57: nicht mehr zu machen, um dann vielleicht an der russischen Grenze abzutropfen.
00:14:00: Ich habe das dann noch gemacht und konnte auch problemlos mehrfach einreisen,
00:14:05: mit unterschiedlichen Interessen der jeweiligen Dienste, die dann ab und zu nochmal fragen hatten,
00:14:09: was ich da treibe, aber in Großen und Ganzen eigentlich relativ unbehelligt.
00:14:12: Und habe dann so sukzessive die Arbeit runtergefahren bzw. eingestellt.
00:14:18: Wir mussten dann formal natürlich alle Mitarbeiter der Stiftung entlassen,
00:14:22: bei uns gab es ja als Arbeitgeber nicht mehr.
00:14:24: Und Lösungen finden zum Teil für die Kollegen, die das wollten,
00:14:29: einige waren ohnehin schon mit Kriegsbeginn relativ schnell ins Ausland gegangen.
00:14:34: Und Lösungen auch finden für das Gebäudeerstiftung, was wir dort haben.
00:14:40: Und dann bin ich das letzte Mal mit meinem Nachfolger, der jetzt ein Russland-Programm leitet,
00:14:46: von außerhalb im August das letzte Mal da gewesen, um sozusagen die Schüssel zum Haus zu übergeben,
00:14:52: mit den Partnern zu sprechen, die noch da waren und ein bisschen auch noch zu fühlen, wie die Situation im Land ist.
00:14:59: Das war dann das letzte Mal, dass ich da einreisen konnte.
00:15:03: Und du hast jetzt eine neue Stelle angetreten in Berlin und darüber müssen wir reden.
00:15:09: Die ist verbunden mit diesem Begriff "Zeitenwende".
00:15:12: Du leitest ein Projekt "Zeitenwende".
00:15:14: Und es geht ja zurück auf eine Rede des Bundeskanzlers, drei Tage nach diesem Angriffskrieg,
00:15:18: eine bemerkenswerte Rede vor dem Bundestag.
00:15:21: Und danach gab es ja noch weitere Erklärungen.
00:15:24: Es gab die Rede vor der Karls-Universität in Prag.
00:15:28: Es gab einen Artikel im US-Magazin "Foreign Affairs",
00:15:31: wo sich so Konturen eines Projekts herausgeschält haben, die deutlich machen.
00:15:36: Es gibt eine ziemlich tiefgreifende Wende in der deutschen Ausnutzigkeitspolitik.
00:15:40: Wenn wir noch mal so einen Schritt zurückgehen,
00:15:42: es gab ja auch vorher alle möglichen schrecklichen Kriege und Konflikte in der Welt.
00:15:48: Warum ist dieser Konflikt in der Ukraine so einzigartig, so fundamental anders,
00:15:54: dass er diesen Wandel offenbar hervorgerufen hat?
00:15:57: Ja, das ist was, was man tatsächlich auch weltweit immer ein bisschen erklären muss.
00:16:01: Natürlich gibt es in der Welt noch mehr grauenhafte Kriege.
00:16:05: Warum ist dieser jetzt so wahnsinnig besonders für uns in Europa?
00:16:09: Was für ein Ende markiert er mehr oder weniger?
00:16:13: Ich glaube, mit dem Begriff der Zeitenwende ist auch so ein Erkenntnisprozess verbunden,
00:16:17: dass wir tatsächlich eine Phase beendet haben, die zumindest für uns in Deutschland
00:16:22: mit der Wiedervereinigung, dem Ende der Sowjetunion einherging.
00:16:28: Das ist so eine Phase, wo wir so ein Modernisierungspardigma für uns hatten.
00:16:34: Das wird die Erwartung, es wird jetzt kontinuierlich besser, demokratischer, stabilisiert sich.
00:16:40: Es gibt immer hier und da mal Rückschläge, aber der Trend ist klar.
00:16:43: Die Welt wird demokratischer und friedlicher.
00:16:45: Das kann man auch sehen, in Dokumenten wie die Karte von Paris.
00:16:48: Wenn man da mal reinschaut, das ist ja der ganze Stand,
00:16:51: schauen wir ja selbst für heutige Zeit, erstaunliches Verding,
00:16:54: Demokratie als einzige Staatsform in Europa.
00:16:58: Und auch die Erwartung, dass man die wenigen Sicherheitsprobleme
00:17:01: mit dem System der kooperativen Sicherheit klären könnte.
00:17:05: Es war auch diese Zeit, wo wir uns nicht mehr, oder von ausgesprochen,
00:17:10: dass es eine große Kriegsgefahr für uns eigentlich nicht mehr existiert.
00:17:14: Und auch die Frage, klare Waffen, Nuklearkriege, das ist komplett ganz weit weg.
00:17:19: Wir haben noch bis kurz vor dem Krieg, sie haben dann sieft darüber,
00:17:22: ob wir weiter die Nukleare Teilhabe eigentlich in Deutschland mitbefördern wollen oder nicht.
00:17:27: Also das ganz andere Welt.
00:17:29: Und dieser Krieg hat gezeigt, dass wir, was diese Phase vorbei ist, nachhaltig.
00:17:34: Der Krieg ist wieder zurückgekommen in Europa.
00:17:36: Die europäische Sicherheitsarchitektur, so wie wir sie jetzt aufgebaut hatten,
00:17:40: also gerade kooperative Sicherheit, das ist vorbei.
00:17:43: Jetzt ist eher wieder klassische Sicherheit durch Abschreckung, omwok.
00:17:47: Das sieht man auch daran, dass jetzt Finnland und Schweden
00:17:50: geschlossen haben, der NATO beizutreten.
00:17:52: Wir sehen deutliches Schwächen, sozusagen dieser liberalen Weltordnung,
00:17:56: von der wir ausgegangen sind, dass sich jetzt überall ausbreitet.
00:17:59: Wir sehen insgesamt, dass multilaterale Organisationen, Prozesse geschwächt sind,
00:18:06: internationalen Normen wie Menschenrechte massiv geschwächt sind.
00:18:10: Besonders, glaube ich, für Deutschland eine schwierige Erfahrung ist,
00:18:14: dass wirtschaftliche Interdependenz, diese wechselseitige Abhängigkeit
00:18:19: im wirtschaftlichen Bereich, die wir lange getragen haben,
00:18:23: eben als Form der Annäherung, dass die zur Waffe wurde in diesem Konflikt.
00:18:28: Und dass wir jetzt Tendenzen einer stärkeren Fragmentierung der Welt wirtschaften haben.
00:18:32: Das sind alles Dinge, die zusammen uns deutlich machen.
00:18:37: Das ist natürlich ein Prozess, der schon länger angang ist.
00:18:40: Man hätte auch nach 2014 bereits sagen können, hier ist die Sicherheitsordnung
00:18:43: zusammengebrochen, aber es hat sehr lange, sagen wir uns weiter,
00:18:47: gegen dieses Paar, die Kmar weiter und die Einstellung darauf, sehr viel weiter.
00:18:51: Und jetzt müssen wir erkennen, dass wir eine komplett andere Lage haben
00:18:55: in Europa, auch in der Welt, als wir das bisher gedacht haben.
00:18:58: So diese stabile Lage, in der wir uns das auch ein bisschen gemütlich gemacht haben,
00:19:02: ist halt weg.
00:19:03: Wenn es in der Welt ist, wird wesentlich fragiler sein,
00:19:07: wird wesentlich stärker geprägt sein durch bandene Allianzen,
00:19:11: durch Krisen und Konflikte noch stärker geprägt sein,
00:19:14: als wir das bisher angenommen haben.
00:19:16: Und darauf müssen wir uns mental einsteigen.
00:19:18: Was heißt das konkret?
00:19:19: Also die Welt ist eine andere.
00:19:22: Wenn man diese Zeitenwende nun in einzelne Projekte,
00:19:27: in einzelne Maßnahmen übersetzen sollte, was würdest du nennen?
00:19:30: Was sind wichtige Bausteine dabei?
00:19:32: Vor der Grund steht ja immer das Sondervermögen.
00:19:34: Aber es ist ja mehr als das.
00:19:36: Ja, es ist definitiv mehr als das.
00:19:38: Ich glaube, ganz grundsätzlich geht es darum.
00:19:41: Und deswegen war nicht auch immer davor, so unzufrieden zu sein,
00:19:45: dass das so Zeiten, sagen Zeitenwende und wo bleibt sie denn jetzt und so weiter.
00:19:50: Das ist keine einfache Politikentscheidung.
00:19:52: Man sagt nicht einfach, okay, das mache ich nach einer Außenpolitik.
00:19:55: Sondern es ist so ein gewissen Grad für uns auch ein Mentalitätswandel tatsächlich,
00:20:00: ein kleiner Kulturwandel in bestimmten Bereichen.
00:20:02: Es gibt so Paradigme, in denen wir uns es ein wenig anführungsstrichen gemütlich gemacht haben,
00:20:07: die wichtig waren zu einer gewissen Zeit, aber dann zu einem Schleichen eigentlich uns,
00:20:11: das Schleichen so ein bisschen zum Ballast wurden.
00:20:14: Da habe ich vor allen Dingen zwei Paradigme im Kopf.
00:20:17: Das eine ist Deutschland natürlich als Gegenbild seiner militaristischen Vergangenheit.
00:20:21: Wahnsinnig wichtig nach dem zweiten Weltkrieg,
00:20:25: aber auch nochmal nach der Wiedervereinigung,
00:20:27: um zu signalisieren, dass hier nicht das Aggressive,
00:20:30: dass der Bulli Deutschland sozusagen zurückkommt,
00:20:34: sehr wichtiges Paradigma, was aber dazu geführt hat,
00:20:36: dass wir, klar, starke Westintegration sehr wichtig,
00:20:40: aber auch so eine gewisse Mentalität,
00:20:43: grundlegende strategische Fragen abzugeben an die Allianz.
00:20:46: Wir sind nicht mehr gewohnt selber, strategisch zu denken,
00:20:50: selber auch dort Führungsrollen oder das zu übernehmen,
00:20:53: für bestimmte Punkte einzusetzen.
00:20:55: Wir agieren innerhalb der Allianz und dann ist es auch gut.
00:20:58: Wir sind so ein bisschen in Deutschland,
00:21:00: in Mitte Europa von Freunden und Geben von den USA geschützt,
00:21:04: uns relativ bequem gemacht.
00:21:06: Wir müssen zurückkommen, sondern gibt es eine Strategiefähigkeit,
00:21:08: uns auch überlegen, was wir eigentlich wollen in Europa und von darin.
00:21:13: Das andere ist natürlich Wandel durch Annäherung,
00:21:15: wichtiges Paradigma in seiner Zeit,
00:21:18: ist dann ein bisschen geworden zu Wandel durchhandeln.
00:21:20: Und irgendwann ging es in so eine Richtung,
00:21:22: dass man sich ja, mein Gott, auch Handel reicht eigentlich auch.
00:21:25: Aber das wirklich strategisch zu durchdenken,
00:21:28: auch eine Außenwirtschafts-Solitik zu haben,
00:21:30: die das strategisch durchdenkt,
00:21:32: die Abhängigkeiten stärker berücksichtigt,
00:21:35: auch stärker thematisiert.
00:21:37: Und so dann die Spannung zwischen unserem teilweise sehr hohen,
00:21:40: moralischen Anspruch und dem ganz klaren,
00:21:42: wirtschaftlichen Interessen, die wir zum Teil haben,
00:21:44: das zu thematisieren und eben auch zu Strategie draus zu machen.
00:21:47: Das ist das, was wir jetzt leisten müssen, was neu ist.
00:21:51: Und das hat natürlich Auswirkungen auf verschiedenste Bereiche,
00:21:53: Verteidigungspolitiker, das ist schon erwähnt, die 100 Milliarden,
00:21:56: dass wir natürlich investieren müssen in eine überzeugende Fähigkeit,
00:22:01: nicht nur uns, sondern das Bündnis in erster Linie auch zu schützen.
00:22:05: Das ist natürlich die Grundlage, aber der endet ist natürlich nicht.
00:22:08: Es hilft uns auch nichts, eine neue Brigade von Leos Brunners,
00:22:12: oder wir auch immer zu haben, wenn wir sie nicht über den Rhein bekommen,
00:22:14: weil die gebrütten uns zerbrüseln.
00:22:16: Also das muss man schon, wenn dann auch grundsätzlich erdenken
00:22:19: und die Sicherheit auch breiter denken,
00:22:21: als nur die reine militärische Sicherheit,
00:22:23: also auch inklusive innerer Sicherheit,
00:22:25: weil der nächste Konflikt mit einer größeren Macht
00:22:29: wird vermutlich erst mal nicht auf dem Schlachtfeld ausgeforchten,
00:22:32: sondern im hybriden Bereich.
00:22:34: Und wir müssen natürlich auch in unsere Außenpolitik investieren,
00:22:37: die Fähigkeit, Partnerschaften, Wechseln Allianzen aufzubauen,
00:22:42: Vertrauen wieder aufzubauen,
00:22:44: dass auch in Europa ein bisschen verschüttgegangen ist, vorsichtig formuliert.
00:22:48: Auch da müssen wir massiv investieren.
00:22:50: Das kann man nicht einfach so beschließen,
00:22:53: aber auch in entsprechenden Kapazitäten auch an den verschiedenen Ebenen.
00:22:57: Und es ist natürlich eine gesellschaftliche Herausforderung.
00:23:00: Also es ist nicht mehr so, dass wir das einfach,
00:23:03: am grünen Tisch, im Elfenbein-Turm, wie auch immer man das nennen will, entscheiden können,
00:23:08: sondern wir haben jetzt das, was ich erwähnt habe,
00:23:13: Verteidigung, Sicherheit, Außenpolitik,
00:23:15: das ist eine wichtige Investition.
00:23:17: Wir haben natürlich Investitionen ganz massive in die Wirtschaft Klimawandel,
00:23:20: aber auch das Grundsätzliche unserer Wirtschaft zum Modell,
00:23:23: nämlich die starke globale Vernetzung, hinterfragt.
00:23:26: Das bedeutet auch, da sind massive Investitionen.
00:23:28: Das sind große Verteilungsfragen.
00:23:30: Das kann man nicht einfach beschließen.
00:23:32: Das muss dafür braucht man in persönlichen gesellschaftlichen Konsens,
00:23:34: zumal auch Außenpolitik nach langer Zeit wieder bei den Menschen ankommt.
00:23:38: Humanitäre Interventionen sind was, da kann man sich den Kopf drüber heiß reden,
00:23:42: aber es bedeutet ja, dass man nichts für die Menschen.
00:23:45: Dieser Krieg zeigt sich bei jedem in der Energierechnung.
00:23:49: Und auch die Entscheidungen, die wir in Zukunft aus dem Britisch treffen werden,
00:23:52: sagt jetzt noch mal Konflikt zwischen USA und China,
00:23:54: werden massive Auswirkungen auf unsere Wirtschaft, auf uns haben, auf die Menschen haben.
00:23:58: Das bedeutet, wir müssen eine gesellschaftliche Debatte dazu führen,
00:24:01: was wir eigentlich erwarten, was Deutschland in Europa, in der Sardinien und in der Welt will
00:24:07: und was wir bereit sind dafür auch zu leisten und zu investieren.
00:24:10: Das ist ja ein sehr umfassendes Tablo aufgemacht.
00:24:13: Manu, du hast gesagt, das ist ein anderes Denken, ein anderes Mindset,
00:24:16: in dem wir uns bewegen müssen.
00:24:18: Das ist mit anderen Maßnahmen und anderen Politikern verbunden,
00:24:21: nicht nur im Bereich der Verteidigungspolitik,
00:24:23: sondern etwa auch im Bereich von Infrastrukturpolitik, Klima, Handelspolitik.
00:24:27: Und das hat auch was mit gesellschaftlicher Debatte zu tun.
00:24:31: Wenn man quasi ein Jahr nach dem, den dieser Prozess angestoßen wurde,
00:24:35: so eine vorsichtige Zwischenbilanz ziehen würde,
00:24:38: das ist ein langer Prozess, wo stehen wir da?
00:24:41: Wir haben angefangen hier und da, die richtigen Fragen zu stellen.
00:24:44: Also ich meine, ich finde, wir sind tatsächlich innerhalb von einem Jahr,
00:24:47: wenn wir denken, wo wir gestartet sind,
00:24:50: durchaus auch ein Stück weit vorangekommen,
00:24:52: zumindest in praktischem, britischen Handeln.
00:24:55: Aber ich glaube, die grundsätzliche Frage,
00:24:58: tatsächlich, welche Rolle soll Deutschland in Europa und global einnehmen?
00:25:04: Was sind unsere Interessen?
00:25:06: Wie formulieren wir das?
00:25:07: Welche Strategie machen wir daraus?
00:25:09: Wir haben das im Anfang.
00:25:11: Jetzt kommt die nationale Sicherheitsstrategie des wichtiger Baustein,
00:25:14: aber es ist auch nur im Anfang, das zu diskutieren.
00:25:17: Und wenn wir sehen, wie momentan die außenpolitischen Debatten läuft,
00:25:20: also jedes einzelne Waffensystem wird ja hoch und runter diskutiert,
00:25:23: aber selten wird darüber diskutiert,
00:25:25: was wir eigentlich als Deutschland damit bewirken wollen.
00:25:28: Was unsere Interessen daran sind, was unsere Ziele vielleicht auch sind.
00:25:31: Das Wortet wir diskutieren weiterhin nicht auf einer strategischen Ebene,
00:25:35: sondern sehr, sehr taktisch.
00:25:37: Das ist der Weg.
00:25:39: Bei allem, was wir jetzt auch geschafft haben,
00:25:42: glaube ich, ein großes Bewusstsein dafür für die Notwendigkeit
00:25:46: von Landes- und Bündnisverteidigung, die ja komplett weg war im Prinzip.
00:25:49: Ein großes Verständnis dafür, dass wir grundsätzlich Reformen brauchen,
00:25:53: auch was unsere Außenwirtschaftspolitik betrifft.
00:25:56: Ein großes Bewusstsein auch in der Politik dafür,
00:25:58: dass der globale Süden komischerweise nicht all unsere Ideen komplett teilt
00:26:03: und sich hinter uns zu versammeln, wenn wir sagen, da ist der Böse.
00:26:07: Das sind, glaube ich, Dinge, die sind angekommen,
00:26:09: aber darauf zu reagieren, das wird noch Zeit brauchen.
00:26:11: Die Zeitenwende braucht Zeit.
00:26:13: Felix, du guckst ja auch von außen auf Deutschland,
00:26:18: aus der Ukraine einerseits, aber du bist ja auch in Mitteln in Osteuropa verankert.
00:26:24: Wie ist dort die Wahrnehmung dieser deutschen Zeitenwende?
00:26:28: Wir reden ja hier manchmal über eine gewisse Zögerlichkeit.
00:26:31: Das ist bei Pär auch angeklungen.
00:26:33: Wie wird diese Debatte von außen betrachtet?
00:26:37: Ja, ich habe nicht den Eindruck, dass die innenpolitischen deutschen Debatten
00:26:45: jetzt zum Beispiel in der Ukraine besonders intensiv verfolgt wird.
00:26:49: Die haben dort im Moment Wichtigeres zu tun.
00:26:52: Und was mir so in den Gesprächen begegnet ist,
00:26:57: ist, dass wir als Vertreter der Ebert-Stiftung da auch gefordert sind,
00:27:03: ein bisschen Übersetzungsarbeit zu leisten.
00:27:06: Die Wahrnehmung gerade aus der Ukraine war immer, warum so langsam,
00:27:11: warum dauert das, warum wollen die uns nicht unterstützen,
00:27:15: warum sind die nicht so wie die Polen oder die Litauer oder die Easten,
00:27:19: die uns das alles geben, was sie haben.
00:27:23: Das ist der Eindruck im Fall von Polen.
00:27:26: Es ist nicht so, dass die nichts mehr haben.
00:27:28: Aber bei den baltischen Ländern wird ja berichtet,
00:27:32: dass da sämtliche Haubitzen abgegeben worden sind aus Estland und so weiter.
00:27:38: Also da sind immer viele Fragezeichen und immer der Verdacht,
00:27:43: dass man in Berlin weiterhin zu große Rücksicht auf Moskau nehmen würde.
00:27:51: Und ich persönlich versuche da immer, um Verständnis zu werben
00:27:58: und auch zu sagen, darauf hinzuweisen,
00:28:02: welche großen Kosten die deutsche Gesellschaft schon in Kauf genommen hat
00:28:09: als Reaktion auf den Krieg gegen die Ukraine.
00:28:13: Und das nicht zu gering zu schätzen.
00:28:15: Und ich habe das Gefühl, dass das auch nicht unbedingt enthusiastisch begrüßt wird,
00:28:23: aber dass das auch nachvollzuhoben wird.
00:28:27: Ich selbst gucke manchmal mit etwas Befremden auf die deutschen Debatten,
00:28:36: aber das ist vielleicht mal ein bisschen...
00:28:38: Aber dir interessiert uns, was macht dein Befremden aus?
00:28:41: Das ist ganz unterschiedlich.
00:28:47: Ich fand das zum Beispiel interessant jetzt in der jüngsten Diskussion
00:28:52: um die Leopard-Lieferung einerseits das infantile Kindische,
00:28:58: wo ich das Gefühl habe, versteht man den Ernst der Lage,
00:29:02: wenn man Free Will Lappers twittert, ist das irgendwie angemessen,
00:29:07: auch irgendwie bunte Krawatten zu tragen und so weiter.
00:29:10: Es geht ja immerhin um Leben und Tod und ganz konkret.
00:29:15: Das ist das eine, das zweite war, dass das in der ganzen Aufregung,
00:29:20: gerade Twitter ist da ja irgendwann, hat den totalen Nervenzusammenbruch gekriegt
00:29:28: zwischen Rammstein und der Entscheidung,
00:29:30: musste dann per Interview aus den USA der Politikwissenschaftler Michael Werbs
00:29:37: zu Protokoll geben, dass man das in Washington durchaus okay findet,
00:29:42: wenn Deutschland eigene Interessen formuliert und die auch vertritt.
00:29:46: Und das scheint mir in der deutschen Debatte völlig unterbelichtet zu sein,
00:29:50: dass es so was geben kann wie deutsche Interessen.
00:29:53: Und ich glaube, dass man das auch in Osteuropa normal findet
00:29:57: und besser findet als eine rein moralische Positionierung,
00:30:05: der dann die Unterfütterung fehlt.
00:30:08: Also ich werbe persönlich immer für Ehrlichkeit in jeder Beziehung
00:30:13: und zu sagen, okay, das ist unser Standpunkt
00:30:16: und wir vertreten den, was ist euer Standpunkt
00:30:19: und wie vertretet ihr den, aber lasst uns nicht gegenseitig
00:30:23: uns vorwerfen, irgendwie unmoralisch zu agieren.
00:30:26: Und das hat ja auch viel mit der von Perr angesprochenen Strategiefähigkeit zu tun.
00:30:30: eigene Interessen zu benennen, auch gegeneinander abzuwägen,
00:30:33: unterschiedliche Interessen und daraus eine Strategie zu entwickeln.
00:30:37: Ja, also ich bin da, weil ich mich da in der Vergangenheit auch immer wieder
00:30:42: mit beschäftigt habe, Perr hat ja auch das angesprochen,
00:30:45: wandelt durch Annäherung und dergleichen.
00:30:48: Ich habe mich so ein bisschen mit der Genese der Ostpolitik beschäftigt
00:30:52: in den 60er Jahren Egon Bar und so weiter.
00:30:55: Und als ich da immer bemerkenswert fand, war, da wurde ein klares Ziel formuliert.
00:31:00: Und das war in meinem Verständnis im Ursprung eine Verbesserung
00:31:04: der deutsch-deutschen Beziehungen und eine Erleichterung der zwischenmenschlichen Kontakte.
00:31:10: Das war die Zielstellung und dann war die Frage, wie kommen wir da hin?
00:31:15: hin. Und bei der ganzen Diskussion um Osteuropa-Politik in den letzten Jahren fehlt mir diese Zielstellung,
00:31:23: die Frage, was wollen wir eigentlich? Und das war, ich war zwischen 2011 und 15, war ich unter
00:31:32: einem Ukraine-Referent in der Friedrich-Ebert-Stiftung und ich habe mich bei den ganzen Diskussionen immer
00:31:37: in Berlin gefragt, was wollen wir eigentlich von diesem Land? Das war völlig unklar. Und ich glaube,
00:31:43: dass das auch ein Grund ist für unser schlechtes oder unser problematisches Standing in der Ukraine,
00:31:51: dass wir das nie so richtig ausbuchstabiert haben und dadurch unsere Politik immer sehr
00:32:00: wischy-waschie war. Weil das spüren die auf der anderen Seite auch. Also wenn man dann irgendwie
00:32:07: immer rhetorisch sagt, das ist alles ganz wichtig und dann kommt man aber trotzdem nie vorbei,
00:32:11: dann merken die das auf der anderen Seite auch. Das wird wahrgenommen und dieser Vergleich zur
00:32:17: Osteuropa-Politik den finde ich spannend. Einerseits, weil er die Bedeutung von klaren Zielen hervorhebt
00:32:22: und weil er auch darauf verbeißt, dass so etwas Zeit braucht, etwas, was perr angesprochen hat.
00:32:27: Es gibt ja Reden von Willy Brandt, da ist er noch Berliner Bürgermeister, da er öffnet er irgendeinen
00:32:32: neuen U-Bahn-Abschnitt und sagt, das ist hier jetzt eine Politik der kleinen Schritte. Wir wollen hier
00:32:36: eine Ernährung haben und die gleiche Zielvorstellung sozusagen, die braucht dann über ein Jahrzehnt,
00:32:43: bis sie sich auf bundespolitischer Ebene in einer Strategie niederschlägt. So eine
00:32:49: Zeitenwende verzieht sich nicht innerhalb von wenigen Monaten. Ja und ich denke auch,
00:32:54: dass das ganz wichtig nicht nur irgendwie formelhaft, irgendwie Kalendersprüche wieder
00:33:00: zu wieder hervorzuholen und die wiederzugeben. Also gerade dieses Wandel durch Annäherung,
00:33:07: im Ursprung, so wie ich das verstanden habe, hieß es Wandel in den deutsch-deutschen Beziehungen
00:33:14: durch Annäherung an die Sowjetunion. Es war nicht das Ziel, also ich glaube nicht,
00:33:19: dass Egon Basich 1963, nicht mal 20 Jahre nach 45 zum Ziel gesetzt hat, die Sowjetunion zu
00:33:27: demokratisieren. Sondern es war ein Wandel an einer Stelle und das war die Erkenntnis,
00:33:34: der Weg dahin führt über Moskau, über Prag und über Warschau. Und der Spruch ist dann immer wieder
00:33:42: aufgetaucht, meinte dann aber was ganz anderes und war viel ambitionierter am Ende mit den Ideen,
00:33:50: dass wir durch irgendwie freundschaftliche Beziehungen zu Moskau Russland auf dem Weg
00:33:59: zur Demokratie bringen können. Da fehlte mir dann oft die intellektuelle Substanz hinter
00:34:06: solchen Formulierungen. Und jetzt sind wir in einer ganz anderen Lage und ich finde,
00:34:15: wir brauchen in Debatten mehr Ehrlichkeit über zieleunmögliche Wege dahin, dass das so ganz
00:34:22: grundsätzlich eine Lehre und dass die Zeitenwende weist darauf hin, dass das jetzt an der Zeit
00:34:29: ist, sich damit zu beschäftigen. Ja, das können unsere Zuhörerinnen und Zuhörer nicht sehen. Es gibt
00:34:35: täftiges Nicken bei Pär. Du bist einverstandenes Aufzeit. Ja, ich würde vielleicht doch noch
00:34:43: ergänzen bei diesem Wandel durch Annäherung. Also vielleicht ein Werbeblock dazwischen schalten
00:34:48: und das Public History, weil verratete FES hat eine sehr schöne Seite dazu. Man sich das noch mal
00:34:53: im Detail anschauen kann, in welchen Phasen das auch abgelaufen ist, in welchen Hintergrund das hat.
00:34:58: Kurz und knackig und gut, Ressourcen. Aber dieses Wandel durch Annäherung ist eben auch so
00:35:04: einem Label geworden und wurde dann irgendwann auch zunehmend Inhaltsleeren, wurde draufgeklebt
00:35:08: auf jede Annäherung oder auf jeden Dialog-Bemühungen mit Russland, ohne tatsächlich noch
00:35:13: was hinterfragen, was jetzt unsere Ziele sein können, realistischerweise, um zu überprüfen,
00:35:17: ob man die auf diesem Wege in der jetzt aktuellen Lage und bei den Entwicklungen in Russland
00:35:22: zu den gleichen auch noch überhaupt erreichen kann. Also es führte zu einer gewissen, sage ich
00:35:27: mal, strategischen Denkfauleheit vorsichtig gesagt. Damit blicke ich nicht nur auf eine
00:35:33: Partei, sondern das ist ein, zu sagen, das ist schon fast ein gesellschaftliches Phänomen. Man
00:35:38: hatte sozusagen die Beziehung zu Russland damit einmal glücklich und Nobelproswürdig tatsächlich
00:35:43: geregelt, zu der Zeit auch absolut gerechtfertigt und damit war das jetzt durch. Man musste sich
00:35:48: damit jetzt nicht auch intensiver auseinandersetzen. Das war sozusagen auch einer grundlegenden
00:35:52: Fehler, dass man das nicht wieder aufgenommen hat, nicht wirklich durchdacht hat, nicht tatsächlich,
00:35:58: wie Felix auch schon gesagt hat, irgendwie mit Interessen nochmal abgeglichen hat, die wir dann
00:36:02: tatsächlich haben. Und ja, das sind Prozesse, die brauchen Zeit, die brauchen auch jetzt für
00:36:06: uns Zeit, weil man dafür natürlich analytische Fähigkeiten braucht, weil man dafür auch einen
00:36:12: gesellschaftlichen Konsens braucht. Also eine Debatte, die geht uns jetzt im Endeffekt auch
00:36:15: alle an und die muss auch mit der gesamten Gesellschaft dann am Ende auch geführt werden.
00:36:21: Ansonsten werden wir wie gesagt nicht die Zustimmung bekommen zu den notwendigen weichen
00:36:26: Stellen der Investitionen, die da jetzt anstehen. Das braucht auch eine gesellschaftliche Unterfütterung.
00:36:30: Lass uns ein bisschen nach Europa schauen, die Denkan setze, die vielleicht Strategiean setze,
00:36:39: die wir in den letzten Monaten erlebt haben, die haben ja immer das deutsche Interesse
00:36:44: verknüpft mit einer europäischen Ebene. Das finden wir in diesem vorigen Affairs Artikel von
00:36:49: Olaf Scholz in der Rede von Lars Klingbeil in der Tiergartenkonferenz der E-Bat-Stiftung.
00:36:54: Und das wird verbunden auch mit der Forderung, die EU muss schneller werden, sie muss auch
00:36:59: bestehende Konflikte lösen. Olaf Scholz spricht explizit Migrations- und Asylfragen an. Wie ist
00:37:06: da euer Eindruck? Was hat diese veränderte Realität mit der Europäischen Union gemacht und mit
00:37:12: deren Strategie und Handlungsfähigkeit? Ich glaube, es ist ein bewusst geworden,
00:37:16: dass ein Handlungsbedarf besteht. Der Ostenskrieg in der Ukraine hat deutlich gemacht,
00:37:25: dass wir für die Sicherheit in Europa massiv von den USA abhängen. Ohne die massive Hilfe der
00:37:32: USA wäre dieser Krieg vielleicht schon bereits beendet, jedenfalls auf alle Fälle hätte er einen
00:37:37: anderen Verlauf genommen. Und es sind sich auch alle bewusst darüber, dass das vielleicht auch das
00:37:42: letzte Mal war, dass die USA in dieser Form massiv in Europa intervenieren oder uns unterstützen.
00:37:47: Das bedeutet ein gewisser Leidensdruck ist da. Entsprechend sind die Dinge, die Olaf Scholz
00:37:54: jetzt auch vielleicht in der Pragerede zum Beispiel dort Kund getan hat oder skizziert hat, also das
00:38:00: wie Mehrheitsentscheidungen und Stärkung der europäischen Verteidigung Strukturen.
00:38:05: Durchaus Dinge, die diskutiert werden, wo es zum Teil Bereitschaft wird, aber der Teufel liegt
00:38:12: im Detail. Das ist trotzdem noch eine Gemeinschaft von 27 Staaten und wir haben eben auch ein paar
00:38:16: dabei, die auch vielleicht einen anderen Blick auf diesen Krieg haben. Das bedeutet auch das ist
00:38:21: kein einfacher Prozess, der da ansteht. Allerdings bin ich ein bisschen verhalten optimistisch,
00:38:28: dass man da etwas mehr ernst reinpackt. Und vor allen Dingen bin ich etwas optimistisch,
00:38:34: dass wir es vielleicht auch dann im deutsch-französischen viel beschworenen Tandem schaffen,
00:38:41: stärker gemeinsame Positionen zur europäischen Reform voranzubringen. Das ist ja so ein bisschen
00:38:49: das Wechselspielen, wir haben gerade Frankreich eine Idee und Deutschland schweigt oder Deutschland
00:38:53: eine Idee und Frankreich schweigt, das machen wir ja gerne so ein bisschen, aber jetzt müssen wir
00:38:56: halt zusammenkommen. Die Situation ist da, aber es ist offensichtlich und ich glaube daran müssen
00:39:03: in Zukunft noch massiv arbeiten, dass es hier eben stärker abgestimmte Politik gibt, die auf die
00:39:09: notwendige Reform der EU-Strukturen hinwirken. Prinzip ist klar, was zu machen ist, jetzt muss
00:39:13: es halt politisch irgendwie umgesetzt werden. Details. Also um es ernsthaft zu wenden, es braucht
00:39:22: eine Agenda und du sagst, naja, die ist in gewisser Weise klar, wir wissen, was getan werden muss,
00:39:28: aber das umzusetzen, da sind die Schwierigkeiten, wenn man auf unsere Europafolge zurückblickt
00:39:34: vor einem knappen Jahr, dann changiert die eigentlich auch, dann schwankt die zwischen so was wie
00:39:39: Euphorie, jetzt gibt es einen Handlungsdruck, der erzeugt eine neue Dynamik und purer Verzweiflung,
00:39:46: ja, möglicherweise wird es wieder nicht vorangehen, wir haben nach wie vor 27 Staaten und wenn man
00:39:52: jetzt auf den Gipfel gestern schaut, der stattgefunden hat, gibt es ja wiederum Themen, wo es quasi
00:39:58: keine Lösung gibt, dieses Thema von Flucht, Migration und Zuwanderung, da sehen wir ganz
00:40:04: wenig Bewegung. Du bist trotzdem vorsichtig optimistisch, Felix, wie geht es dir, wie ist
00:40:10: dein Optimismus gehalten? Ja, die Optimismus-Fragen darf man mir nicht stellen, da bin ich nicht so der
00:40:18: Motivationstrainer für, ehrlich gesagt. Ich finde es alles schwierig, ich kann mit einer
00:40:26: Anekdote antworten, wie gesagt, wir hatten letztes Jahr im Oktober diese internationale Konferenz in
00:40:32: der Westukraine in Lemberg, in Wief und da waren viele Leute aus Polen, aus Ungarn, aus Tschechien,
00:40:42: zum Teil vor Ort, zum Teil online zugeschaltet und bei der Eröffnung der Konferenz gab es also
00:40:49: verschiedene Grußworte und es war öffentlich, nicht Chat im Haus oder so und alle versicherten sich der
00:40:58: gegenseitig Solidarität mit der Ukraine und haben auch betont, dass natürlich die Ukraine nicht Ost,
00:41:04: sondern Mitteleuropa ist und so weiter und so fort und dann sprach auch ein polnischer Vizausminister
00:41:11: und der sagte das Gleiche und sagte dann aber in so einem Nebensatz, man dürfte aber nicht vergessen,
00:41:17: dass neben der Bedrohung aus Russland die historische Bedrohung für Polen eigentlich aus dem Westen
00:41:22: kommt und das war ja auch ein großes Problem und ich saß in der Publikum und dachte, der hat gerade
00:41:30: über Deutschland gewedet und hatte das jetzt wirklich gesagt, also unter den Bedingungen eines Krieges
00:41:36: sagt er ja ja, also russische Bedrohung ist da, aber wir werden ja traditionell auch von Deutschland
00:41:42: bedroht und das setzte sich dann fort in der Diskussion um Reform von Abstimmungsprinzipien
00:41:51: innerhalb des Europäischen Rat, also Einstimmigkeit und so weiter und er sagte dann auch ein polnischer
00:41:58: Teilnehmer, also diese deutsche Forderung der Reform ist ja nur ein Vorwand, um der Ukraine die
00:42:05: Mitgliedschaft zu verweigern und diese Art von Misstrauen und ich glaube, das war in der Leoparden
00:42:12: Debatte, spielte das auch eine große Rolle, dass man halt nicht ehrlich miteinander spielt und zum
00:42:19: Beispiel die polnische Regierung versucht die deutsche Regierung schlecht aussehen zu lassen und
00:42:24: so weiter und so fort, das stimmt mich, was sozusagen die Einigkeit von Europa im Moment
00:42:31: angeht, nicht besonders optimistisch. Also Optimismus können wir bei dir nicht finden,
00:42:36: lerne ich, also grundsätzlich nicht, da naturell entsprechend aber offenbar auch gut begründet
00:42:41: im Bezug auf die konkrete Frage und das ist ja in der Tat nachvollziehbar so wie du es beschreibst,
00:42:47: weil da eine ganze, eine komplexe Mengelage zusammenkommt. Es gibt historische Erfahrungen,
00:42:53: die die Position eines Landes bestimmen, es gibt konkrete Interessen und dann gibt es natürlich
00:42:58: in jedem Land auch in politische Lagen, die die Positionierung zu einer gemeinsamen Europapolitik
00:43:03: und zu grundsätzlichen Reform prägen. Wir stehen vor Wahlkämpfen in einzelnen Ländern,
00:43:09: wo manchmal auch Deutschland kritische Töne eine Rolle spielen zu Mobilisierungen in diesen
00:43:16: Wahlkämpfen. Vielleicht wohl, wenn man nochmal etwas in die Optimismus-Wagschale werfen will,
00:43:21: dann dann könnte man ja auch darauf verweisen, dass die Unterstützung aus allen EU-Staaten und
00:43:28: der europäischen Institutionen inzwischen größer ist, wenn man in die finanziellen
00:43:34: Mittel schaut, größer ist als die der USA. Ist das ein Hinweis dafür, dass wir da,
00:43:39: ich will nicht sagen eine Unabhängigkeit, aber sozusagen eine wachsende Souveränität erreichen,
00:43:45: im Vergleich zu dieser Abhängigkeit, die Per eben beschrieben hat. Per, ich gucke mehr in
00:43:52: deine Richtung. Ich hoffe, bei dir ein bisschen Optimismus zu finden. Ich frage jetzt nicht mehr
00:43:56: Felix. Ja, also ich kann natürlich auch diesen Skepsis absolut verstehen und das wird auch in
00:44:08: der nächsten Zeit, sag ich mal, in den nächsten Jahren nicht einfach werden. Also ich meine,
00:44:13: wir können, wir können glaube ich davon ausgehen, dass Deutschland es nicht mehr schafft,
00:44:17: in nächster Zeit everybody's Darning zu werden. Muss es aber auch nicht, aber es muss eine
00:44:21: erkennbarer Politik und eine erkennbare Reformagenda haben, hinter die sich dann auch wirklich
00:44:27: schmeißt und versucht zu koordinieren. Das können dann viele durchaus auch akzeptieren. Am Ende kommt
00:44:32: es dann eben immer, denn doch wieder zu Kompromissen, wie jetzt auch bei dem neuen bisher, bei zehn
00:44:39: Sanktionspaketen, die letzten Endes selbst mitbungen garen, bei seiner sozusagen Besonderheit,
00:44:47: vorsichtig formuliert, dann doch wieder geschlossen werden. Weil letzten Endes ist das
00:44:53: Verständnis da, dass man gemeinsam, dass man eben tatsächlich Außenpolitik nur gemeinsam
00:44:58: bewerkstelligen kann. Man darf nicht vergessen, in zehn Jahren wird, sagen wir, Deutschland in
00:45:03: Europa oder Deutschland das einzige der europäischen EU-Mitgliedstaaten sein, die noch unter der
00:45:08: Top 10, gerade noch so der Top 10 der Weltwirtschaftsländer sein wird. Also Europa verliert an Bedeutung.
00:45:15: Und ich glaube auch das ist bewusst, dass wenn wir überhaupt sozusagen da noch eine Auswirkung
00:45:22: haben wollen, wenn wir noch gestalten wollen, dann geht das eben tatsächlich nur zusammen.
00:45:26: Anders wird das nicht funktionieren. Ich glaube, das Bewusstsein ist da und wird auch das eine
00:45:31: andere über den über diverse Wahlkämpfe hinwegtragen. Was entscheidend sein wird, und ich meine,
00:45:37: dass das auf die Zahlen, die du gerade genannt hast, also dass wir langsam nachkommen und mehr
00:45:41: Unterstützung der Ukraine zukommen als die USA. Ich glaube, das ist ein ganz entscheidender Punkt,
00:45:48: dass wir diese Unterstützung langsam und sicher hochfahren und langfristig halten. Weil die USA
00:45:55: werden früher oder später sich auf andere Konflikte konzentrieren müssen. Wir müssen uns mental
00:46:01: darauf einsteigen, dass der Krieg zumindest in der Theorie noch sehr lange gehen kann in der
00:46:06: Ukraine und dass wir darauf vorbereitet sind, den auch so lange zu unterstützen. Weil die Kriegslänge
00:46:12: hängt auch damit davon ab, wie lange Russland denkt, es kann länger durchhalten. Und da muss
00:46:16: das klare Signal sein, Europa ist bereit, dass so lange wie nötig immer weiter zu unterstützen,
00:46:23: zu ändern die Kalkulationen eventuell bei dem einen oder anderen auf der russischen Seite. Und da
00:46:28: ist das ein wichtiges Moment, um jetzt zu signalisieren, es geht. Wir kommen zwar langsam, aber
00:46:33: kontinuierlich damit, sozusagen mit Unterstützung für die Ukraine. Das ist, glaube ich, ein relativ
00:46:38: wichtiges Signal, um was politisch zu sagen. Ja, ich bin sehr dankbar dafür. Das verweist ja auch auf
00:46:46: eine sich verändernde Weltordnung. Du hast die USA angesprochen. In den letzten Wochen gab es auch
00:46:52: eine ganz ganz interessante Wendung. Der Kanzler hat Lula da Silva in Brasilien besucht und plötzlich
00:47:01: gab es da Hinweise von Herrn da Silva, er sagt, na ja, wir können hier doch eine Vermittlerrolle
00:47:05: einnehmen und das zusammen mit China machen in diesem Konflikt. Lass uns noch kurz gemeinsam
00:47:09: nach China schauen, welche Rolle quasi wird China in diesem Konflikt nach eurer Einschätzung
00:47:15: einnehmen. Können wir da ernsthaft eine Vermittlerrolle erwarten, wie Lula da Silva sie angedeutet hat?
00:47:21: Oder wäre das eine falsche Hoffnung? Also China hat sich ja redlich bemüht, diesen,
00:47:28: kein zu großen eigenen Footprint in diesem Konflikt zu haben. Ich glaube China hat dieser
00:47:38: Krieg überhaupt nicht geholfen. Also ich glaube nicht, dass das für die von Interesse waren.
00:47:42: Wieder ist das hinsichtlich der Skalationsdynamik hilfreich für China. Noch kann man jetzt tatsächlich
00:47:52: Russland fallen lassen als ein Partner im Kampf gegen die liberale Weltordnung. Stellt China vor
00:47:59: sehr, sehr schwierigen Herausforderungen. Ich bezweifle, dass China eine Vermittlerrolle spielen will und
00:48:05: auch kann. Also zur Bedeutung von China in der Ukraine und wie sie dort gesehen werden kann,
00:48:11: Felix vielleicht dazu noch ein bisschen mehr sagen. Ich glaube nicht, dass sie sich da einmischen
00:48:15: werden und wollen. Also es ist so ein bisschen ein drummern Argument, wenn China noch eine andere
00:48:22: große Macht und dann wird es um die Verhandlungssaison geben. Das glaube ich nicht. Die Verhandlungssaison
00:48:27: wird es in Europa geben und zwar direkt zwischen Russland und der Ukraine. Und im Zweifelsfall
00:48:32: noch unter europäischer Ruhe als Amerikanischer Vermittlung. Das wird, wenn überhaupt, die
00:48:36: Lösungen sein. Ich sehe da China im Moment nicht, weil die auch ganz andere Aufmerksamkeiten
00:48:41: in der Welt haben. Ja Felix, einverstanden das. Ja, ich weiß es nicht offen gestanden. Ich habe zu
00:48:50: wenig Ahnung von China, um da eine kompetente Antwort darauf zu geben. Was ich anders sehe als
00:48:58: Pär ist, dass ich glaube, dass wir Europa und die USA uns nicht mehr als Vermittler eignen. Also so
00:49:08: wie Frankreich und Deutschland das in Minsk gemacht haben, diesem Normandieformat, wo man gesagt
00:49:13: hat, wir haben diese Vermittlerrolle zwischen Kiel und Moskau. Ich glaube dazu sind wir aus
00:49:18: Moskau sich zu eindeutig Konfliktpartei. Ich will aber nicht ausschließen, dass es irgendwann
00:49:23: direkte Verhandlungen gibt, an denen dann vielleicht die Europäer eher noch die USA mit am Tisch sitzen,
00:49:31: entweder direkt oder im übertragenen Sinne. Vermittlung kann, wenn es über Vermittlung gehen
00:49:37: soll, kann das nur von neutraler dritter Seite kommen. Und das sind die Länder und Staaten,
00:49:43: die sich bei den Sicherheits-, bei den UN-Resolutionen dann auch regelmäßig enthalten. Und da gehört
00:49:49: man, das wissen Sie China, dazu Brasilien. Aber es spielt ja eben auch eine interessante Rolle,
00:49:55: die die Türkei. Es gab einen Vermittlungserfolg im letzten Jahr, das war der Getreide-Deal und da
00:50:02: waren die UN und die Türkei entscheidend dran beteiligt. Das heißt, wenn es Absprachen
00:50:10: unter Vermittlung dritter geben soll, dann kommen diese Länder in Frage, ob da nun China eine Rolle
00:50:17: spielt oder eher nicht. Kann ich nicht so richtig beurteilen, ich vermute eher nicht. Ja, ist
00:50:23: interessant. Das bringt nochmal einen neuen Akteur in unser Gespräch rein, den wir bisher noch nicht
00:50:29: angesprochen haben, die Türkei. Und Herrn Erdogan als jemanden, der möglicherweise in der Lage ist,
00:50:35: bestehende Gesprächskanäle zu nutzen und zu vermitteln. Das verweist auf Perspektiven zur
00:50:42: Lösung möglicherweise, zur Beendigung dieses Konflikts. Ich habe gelesen, Felix, dass es in der
00:50:50: Ukraine ein Neujahrsgroß gab, alles Gute zum neuen Jahr, zum Jahr des Sieges. Die Annahme in
00:50:56: diesem Jahr beenden wir das. Wie schätzt du den Zeithorizont ein, wenn du dir da eine Prognose
00:51:05: zutraust, was wäre ein Szenario? Ja, die Frage ist also vielleicht grundsätzlich, ich glaube,
00:51:13: der Krieg hat den Charakter eines Abnutzungskrieges, wo Menschen so brutal das ist und Material in
00:51:22: die Schlacht geführt werden und am Ende die Seite gewinnt, die am schnellsten neue Menschen und
00:51:29: neues Material heranschaffen kann. Und die russische Seite hat schon relativ früh in Sitzung angefangen
00:51:40: zu sagen, okay, wir müssen jetzt unsere Rüstungsproduktion hochfahren. Gerade jetzt gab es
00:51:46: Meldungen von Medvedev in einer Panzerfabrik, der sagt, wir bauen jetzt hunderte Tausende
00:51:54: und so weiter Panzer im Jahr. Und im Westen, in Deutschland, in den USA haben wir die Debatte
00:52:00: auch. Aber der Nachschub sowohl an Material als auch die finanzielle Unterstützung, hier ist
00:52:10: die Ukraine auf die westliche Unterstützung angewiesen. Und da ist ja immer die Frage,
00:52:17: wer hat den längeren Atem oder wie lange kann man damit rechnen? Und ich habe das Gefühl,
00:52:22: dass in Kiew so ein Verständnis dafür ist, dass die Zeit eher auf der russischen Seite spielt und
00:52:30: dass man deswegen versuchen muss, den Krieg in diesem Jahr zu beenden. So ein Grundrauschen gibt es
00:52:39: in den Gesprächen. Und dann redet man über Sieg. Aber man definiert den Sieg nicht. Also es wird
00:52:48: hin und wieder schon gesagt, ja, also wir wollen alle Territorien der Ukraine zurück erobern, also
00:52:57: inklusive der Krim, aber es wird sehr oft auch offen gelassen. Sodass ich das Gefühl habe, dass
00:53:06: man nach einem weiteren militärischen Erfolg, die Ukraine hat ja im letzten Jahr mehrfach
00:53:16: erfolgreiche Offensiven hingelegt und dass man vielleicht nach einer weiteren erfolgreichen
00:53:24: Offensive in diesem Jahr an einen Punkt kommen könnte, wo man dann den neuen Status quo als
00:53:32: Sieg verpacken könnte der eigenen Bevölkerung. Vielleicht sind das Überlegungen, vielleicht ist
00:53:39: das auch völlig völlig absurd und ich verstehe das falsch. Die Frage ist, die du gestellt hast nach
00:53:48: einer Lösung und meine Position ist, wir müssen von dem Gedanken einer Lösung weg kommen. Ich glaube,
00:53:57: das haben internationale Konflikte so an sich, die werden meistens nicht gelöst, die werden
00:54:03: gemanaged, die werden verwaltet. Ich habe das vor Jahren mal, ich glaube, das war relativ zu Beginn des
00:54:10: syrischen Bürgerkrieges, habe ich das irgendwo gelesen und dann wieder vergessen, wo das war.
00:54:14: Da schrieb jemand, wenn in der internationalen Diskussion noch das Wort Krise benutzt wird,
00:54:21: dann kann man das noch lösen. Wenn der Sprachgebrauch sich wandelt von Krise zu Konflikt,
00:54:29: dann heißt das, wir werden auf Jahrzehnte damit leben müssen. Das prominente Beispiel ist der
00:54:35: Nordostkonflikt. Das redet ja niemand von einer Krise, sondern von einem Nordostkonflikt und
00:54:40: vom Gedanke, dass es da irgendwie die eine Unterschrift unter den einen Vertrag geht,
00:54:45: der die Sache löst, der ist glaube ich nirgendwo mehr vorhanden. Ich glaube auch,
00:54:52: dass ist das, worauf wir uns realistisch einstellen müssen in diesem Verhältnis zwischen
00:54:57: Ukraine und Russland. Das finde ich auch deshalb spannend, weil es ein Bezug ist,
00:55:04: zu dem was Per eben Eingangs gesagt hat, nämlich dass wir uns in unserem Denken
00:55:10: verändern müssen. Wir kommen quasi aus den 90ern vielleicht, aus den frühen Nullerjahren,
00:55:14: wo wir die Vorstellung hatten, die Dinge werden irgendwie besser. Wir können Lösungen für
00:55:18: Konflikte finden, bis hin zu einer Ostkonflikt. Auch da gab es die Vorstellung, wir haben jetzt
00:55:24: hier ein Abkommen, die Dinge werden besser. Inzwischen ein anderer Blick auf die Dinge,
00:55:28: der davon geprägt ist. Wir können das bestenfalls managen und nicht lösen. Per auch in
00:55:38: deine Frage die Richtung, was glaubst du, wie werden sich die Dinge entwickeln,
00:55:43: vielleicht in Richtung eines stabilen Managements der Situation. Wir haben, als wir vor einem Jahr
00:55:48: gesprochen haben, zwei Szenarien in den Blick genommen, unsere eine Vermutung war, es gibt
00:55:53: quasi so eine Chance auf Diplomatie, in dem Sinne, dass die Ukraine bestimmte
00:56:01: Gebietsabtreitung und eine Neutralität akzeptiert oder wir werden einen langen Abnutzungskrieg
00:56:09: erleben. Das waren damals die Szenarien, die wir in den Blick genommen haben. Wie schaust du heute
00:56:14: auf die Dinge? Ja, das war noch in einer relativ frühen Phase, was tatsächlich auch aktiv
00:56:18: darüber verhandelt wurde noch vor Botscha, wenn ich mich richtig erinnere. Das hat natürlich auch
00:56:24: noch mal einiges verändert. Also bei den möglichen Szenarien, nachdem ich vor dem 24 nicht gesagt
00:56:33: hätte, dass Russland tatsächlich so wahnsinnig ist, einen kompletten Krieg mit der Ukraine zu
00:56:38: fühlen, bin ich vorsichtig, je wie die Szenarien auszuklammern aus der Rechnung. Also ich hatte
00:56:42: weiterhin sagen, ist auch die Variante Russland kollabiert und sozusagen Ukraine gewinnt auf
00:56:49: diese Art und Weise und umgekehrt die Ukraine kollabiert und Russland gewinnt auf diese Art und
00:56:52: Weise nicht komplett weg, auch wenn sie weniger wahrscheinlich sind. Scheinlich ist natürlich,
00:56:56: dass es in so ein Szenar rein geht, was man nicht wirklich befriedigend als so eine klare
00:57:00: Lösung gern ein Sieger, ein Verlierer oder ein vernünftiges Agreement oder was auch immer haben
00:57:07: wird, so man, dass man tatsächlich in irgendeine Kompromisslösung reingeht und dass irgendwo
00:57:14: die genau ist, bei welchem Maß an Territorium, was die Ukraine besitzt und was Russland besetzt hält,
00:57:21: das wird die Zeit zeigen, das hängt von sehr, sehr vielen Faktoren ab. Fakt ist, dass der Krieg
00:57:26: wirklich beendet werden könnte, jetzt in erster Linie noch von Russland. Bei dem aktuellen Stand,
00:57:30: Russland weiterhin signalisiert, es interessiert daran, dass die Ukraine mehr oder weniger als
00:57:35: unabhängige bedeutungsvolle Nationen Europa so nicht existieren sollte, kann die Ukraine,
00:57:43: hat die Ukraine nicht die Freiheit zu sagen, sie hört auf zu kämpfen. Russland hält diese Freiheit,
00:57:50: aber dagegen haben sie halt sehr viele, sage ich mal Hürden aufgebaut, dass man zu diesem
00:57:55: Ergebnis kommen könnte, durch die Annektionen von Gebieten, weiteren Gebieten, die sie noch
00:57:59: nicht mehr kontrollieren, auch diese starke Verbindung natürlich, Putins mit diesem Krieg ist
00:58:04: die Hürde dafür sehr, sehr hoch. Das bedeutet, dass der Krieg länger dauern wird, weil diese
00:58:11: leichte Lösung ist nicht erkennbar. Und darauf müssen die uns einstellen, müssen die auf die
00:58:16: anderen Seiten einstellen. Wie gesagt, wir haben nur einen, sagen Einflussfaktor da drauf,
00:58:23: tatsächlich die Kalkulation vielleicht auf der russischen Seite ein bisschen zu verändern,
00:58:27: die geht davon aus, dass am letzten Endes der Westen schwach ist, Kriege eigentlich nicht mehr
00:58:33: führen kann, dekadent, leicht käuflich sozusagen. Und wenn uns, sagen wir uns, für uns so unbequem
00:58:42: wird, dann geben wir irgendwann nach und dann drängen wir die Ukraine dazu auf zu geben. Das war
00:58:46: jetzt schon mal ein erster, sage ich mal, naja, nicht direkt Schock, aber schon sehr unerwartet,
00:58:51: auch für russische Kommentatoren, dass der Winter der Wut in Deutschland nicht passiert ist. Als
00:58:58: man tatsächlich es geschafft hat, über die gewisse Maßnahmen die Energiekrise in Deutschland nicht
00:59:03: zu einer politischen Krise werden zu lassen, das hatte man ganz massiv erwartet. Und mit diesen
00:59:09: Überraschungen, sagen müssen wir, weitermachen und sukzessive diese Kalkulation verändern und
00:59:14: signalisieren, nee, der Westen kann das durchhalten. Wenn irgendwann ist auch klar, dass man, auch wenn
00:59:20: man die, wenn man will, sich hinstellt und tausend Panzer pro Tag herbeireidet, ist man sich im
00:59:26: Klaren, dass man nicht gegen den kompletten, komplette westliche Industrie gegenarbeiten kann,
00:59:33: unbegrenzt, ja, vor allem nicht unter den Bedingungen des Sanktionsregimes. Und dann wird es immer
00:59:41: wahrscheinlich ja, dass man Verhandlungslösungen findet. Wann das ist, werden wir sehen und wie
00:59:49: viele Menschen leben, es bis dahin noch kostet. Aber andere, sagen, vier hoffnungsvollere Variante
00:59:54: sehe ich momentan tatsächlich auch. Felix, du hast dir nochmal das Mikro frei geschaltet. Ja,
00:59:58: vielleicht noch noch ein Wort zum Thema Sieg. Wenn man das ein bisschen von einer anderen Perspektive
01:00:05: betrachtet, kann man durchaus argumentieren, dass die Ukraine schon längst gewonnen hat,
01:00:10: ja, weil sie sich behauptet hat als Staat, das spielt in vielen Gesprächen mit Ukrainer,
01:00:17: eine Rolle, dass sie sagen, ihr habt immer gesagt, wir wären failed state, wir wären korrupt und
01:00:22: gucken mal, was wir alles können. Ja, und dadurch, dass der ursprüngliche russische Kriegsplan,
01:00:29: der verrückt war, aber er ist nicht aufgegangen, das ist auch nicht aufgegangen aufgrund des großen
01:00:35: Widerstands der der Ukrainer, sodass strategisch in vieler Hinsicht Russland schon verloren hat.
01:00:45: Ich bin nun bei Weiten kein Militärhistoriker, aber ich höre manchen Militärexperten zu,
01:00:52: die sagen, es gehört halt auch mit zur Tragik von Kriegen, dass oft die Seite, die verliert,
01:00:58: entscheidet, wie lange das noch geht. Man könnte ja auch argumentieren, dass wir den
01:01:03: Zweiten Weltkrieg schon 1942 verloren haben und trotzdem ging es 1942 und trotzdem ging es noch
01:01:08: drei Jahre weiter. Und das ist das Dilemma vor dem wir stehen? Ja, wir werden keine,
01:01:21: vielleicht auf absehbare Zeit, keine Lösung haben und auch nur ein einhegendes Konflikt
01:01:29: wird möglicherweise noch längere Zeit dauern, das ist deutlich geworden in unserem Gespräch.
01:01:34: Was ich mitgenommen habe jenseits der der unmittelbaren Situation ist das das Wort von Per,
01:01:42: dass wir es mit einem neuen Paradigma zu tun haben. Wir sind in einer neuen Weltordnung,
01:01:47: in einer neuen Weltunordnung angekommen, wo sich unser Denken verändern muss und wo wir als Land,
01:01:53: als Europäische Union eine neue Form der Strategieentwicklung betreiben müssen,
01:01:59: wo wir offen, Felix, dass du angesprochen ehrlich unsere Interessen abwägen müssen,
01:02:04: vielleicht haben wir in diesem Podcast einen kleinen Beitrag zu dieser Strategieentwicklung
01:02:09: leisten können. Ich danke euch auf jeden Fall sehr für eure Offenheit, für eure Zeit,
01:02:13: für den spannenden Austausch in der vergangenen Stunde. Wir sind nicht am Ende der Fragen,
01:02:17: aber am Ende unserer Zeit danke, dass ihr eure Zeit mit uns geteilt habt. Danke für eure Offenheit
01:02:22: und eure Beiträge.
01:02:23: [Musik]
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