Delara Burkhardt und der unausweichliche Weg zum Feminismus | 17 Zukunft gerecht Talk
Shownotes
Ausgelöst durch die feministischen Proteste im Iran änderte sich auch der Umgang mit der eigenen Familiengeschichte für Delara Burkhardt. Welche Bedeutung die Proteste gegen das iranische Regime für die weltweiten feministischen Kämpfe haben, erzählt die 30-jährige Europaabgeordnete im Podcast. Ihre Leidenschaft für soziale Gerechtigkeit zeigte sich nicht nur bei den Schulstreiks gegen das G8-Abitur sondern auch bei ihrer aktuellen Tätigkeit im Europäischen Parlament. Ihr Ziel: Die Folgen des Klimawandels sollen benachteiligte Menschen nicht noch härter treffen – dafür braucht es eine Politik der Wassermelone, außen grün und innen rot.
Gast: Delara Burkhardt, Europaabgeordnete der SPD, Moderation: Christian Krell
Transkript anzeigen
00:00:00: Herzlich willkommen zum Zukunftgerecht-Podcast der Friedrich-Ebert-Stiftung. Mein Name ist
00:00:09: Christian Krell, ich bin Politikwissenschaftler und ich darf diesen Podcast für die Friedrich-Ebert-Stiftung
00:00:14: moderieren. Zukunftgerecht, das ist unser offizieller Name. Wir wollen mit Menschen reden,
00:00:20: die sich in irgendeiner Art und Weise für eine gerechtere Welt engagieren. Unser inoffizieller
00:00:25: Titel, so wie wir das in unseren Redaktionsbesprechungen nennen, der ist Unterfreund. Wir wollen reden,
00:00:30: wie man das Unterfreund macht, offen, ehrlich, vielleicht auch kritisch, immer einander zugewandt.
00:00:35: Aber ich freue mich wirklich außerordentlich auf unsere heutige Gesprächspartnerin, einmal,
00:00:41: weil sie eine junge engagierte Parlamentarierin ist, Auschließ Wicholstein sitzt die für die
00:00:48: SPD im Europäischen Parlament und das allein ist ja schon spannend genug. Aber jetzt war es wirklich an
00:00:55: der Zeit, dass wir ins Gespräch kommen, weil wir mit unserer heutigen Gesprächspartnerin auch über
00:01:00: ein hochaktuelles, über ein anhaltend aktuelles Ereignis reden können, was all unsere Aufmerksamkeit
00:01:06: verdient, die feministische Revolution in Iran. Herzlich willkommen, Dilara Burkhardt.
00:01:11: Moin Christian. Schön, dass du dabei bist, schön, dass du dir die Zeit nimmst für unseren Austausch.
00:01:17: Dilara, ein festes Ritual bei unseren Gesprächen ist, dass wir unsere Gesprächspartner, unsere
00:01:23: Gesprächspartnerinnen zu Beginn immer fragen, ob es irgendeinen Ort gibt, den sie mit ihrem
00:01:28: politischen Engagement verbinden, mit den Anfängen ihres politischen Engagements,
00:01:32: vielleicht irgendwas, was besonders wichtig war. Gibt es irgendein Ort in deiner politischen Geschichte?
00:01:39: Ja, auf jeden Fall gibt es einen solchen Ort und das ist tatsächlich das Rondeel. Das ist ein Platz
00:01:45: in Ahrensburg, die stattedrecht zur Schule gegangen bin, weil dort wir mit Schülerinnen und
00:01:50: Schülern aus allen Schulen in Ahrensburg zusammen kam. Es muss so ungefähr 2008 oder
00:01:56: 2009 gewesen sein. Ich bin mir nicht 100 Prozent sicher, weil da Schulstreiks in Schleswig-Holstein
00:02:00: waren. Die Zeit zum Abitur wurde verkürzt von neun auf acht Jahren und wir haben uns mit allen
00:02:06: Schülerinnen auf diesem Platz getroffen, um halt dagegen zu protestieren. Und mich hat so wütend
00:02:11: gemacht, dass eine Entscheidung von der Politik, die ich damals noch gar nicht so klar verordnet
00:02:17: konnte, getroffen wurde, die offensichtlich noch nicht mal unbedingt unsere Schülergeneration,
00:02:21: sondern eher die nach uns folgenden Schülergeneration betrifft und wir durften gar nicht mitreden.
00:02:26: Es wurde einfach so entschieden. Das war so mein politischer Erweckungsmoment, wo ich dann gedacht
00:02:31: habe, wie kann ich eigentlich Entscheidungen in Parlamenten beeinflussen? Und da ist mir aufgefallen,
00:02:36: dass Parteien wichtige Rollen spielen und das erklärt dann auch mein weiter Weg und deswegen ist
00:02:40: das ein bisschen der Ort des politischen Erwachens, des Rondeel in Ahrensburg. Das Rondeel in Ahrensburg,
00:02:46: das war das Thema genau. Du sagst an Schulprotesten, an Bildungsprotest. Worum ging es dabei?
00:02:51: Ja, bei den Protesten ging es um das sogenannte Turbo-Abi. Die Zeit zum Abitur wurde verkürzt
00:02:57: von neun auf acht Jahren, ohne dass es unbedingt Änderungen im Stoff gegeben hat, die man lernen
00:03:03: musste. Also man muss das Gleiche lernen in weniger Zeit und mit mehr Druck. Und mich hat
00:03:08: wahnsinnig frustriert, dass das entschieden wurde, ohne die Schülerinnen und Schüler eigentlich mit
00:03:12: zu beteiligen. Und dementsprechend war das der Frust der Schülerinnen, der sich da entladen hat auf
00:03:17: dem Rondeel, einer, wo wir gesagt haben, und das ist ja auch das, was heute Fridays for Future macht,
00:03:21: wir haben gestreikt und wir sind zusammengekommen aus Ahrensburg an Schulen.
00:03:25: Jetzt hast du gesagt, da gab es so einen Unmut über die Politik. Und man könnte das ja einfach
00:03:31: zum Anlass nehmen, über die Politik herzuziehen. Aber du hast gesagt, na ja, nee, das muss man
00:03:35: vielleicht irgendwie anders drehen und dann selbst in eine Partei gehen. Warum in die SPD?
00:03:40: Ja, witzigerweise war das auch damals eine große Koalition in Schleswig-Holstein, die das beschlossen
00:03:46: hatte und die SPD hatte, obwohl sie eigentlich dagegen war, mitstimmen müssen. Aber für mich war
00:03:52: halt entscheidend in diesem Moment festzustellen, dass Orte, an denen politische Entscheidungen getroffen
00:03:58: werden, natürlich auch die Straße sind, also dort, wo man auf Themen aufmerksam macht, wo man Druck
00:04:02: macht, aber dass die Entscheidungen Gewalt tatsächlich in einer Demokratie eben bei den
00:04:07: Parlamenten liegt. Und da habe ich mich ein bisschen gefragt, wer entscheidet eigentlich, was in den
00:04:12: Parlamenten diskutiert wird und wer bestimmt eigentlich, wer welche Entscheidungen in Parlamenten
00:04:18: getroffen werden. Und habe mich nur ein bisschen damit auseinandergesetzt und habe dann eben
00:04:21: festgestellt, dass Parteien in unserer Demokratie eine ziemlich wichtige Rolle dafür haben. Und
00:04:26: da habe ich gedacht, dann ist es vielleicht wichtig, als junger Mensch auch Teil einer solchen Partei zu
00:04:31: werden und habe mich dann ein bisschen so informiert, wusste, dass ich so links bin, mir Gerechtigkeit sehr
00:04:37: wichtig ist und habe mir so angeschaut, was in den Parteiprogrammen der Parteien steht und bin
00:04:41: da aber der SPD hängen geblieben, weil mir die Geschichte der Partei so wahnsinnig beeindruckt
00:04:47: hat. Ich dann, als ich da mal reingeschnuppert habe, Leute kennengelernt habe, die teilweise noch
00:04:52: händisch ihre Parteibüchern vor den Nationalsozialisten in Wände verstecken mussten, also das
00:04:58: halt in Wände gepackt haben, eingenagelt haben. Aber gleichzeitig auch ich zum Beispiel die
00:05:03: Usus getroffen habe, die Jugendorganisation der SPD, wo junge Menschen überlegen, was eigentlich
00:05:08: soziale Gerechtigkeit heute bedeutet und dieser Vielfalt der Partei, die ich da kennen, dann
00:05:12: durfte hat mir überzeugt, dass das ein Ort ist, wo ich Politik mitgestalten will, wo ich diskutieren
00:05:17: will und dass mein Herz einfach sozialdemokratisch legt. Ich habe ziemlich früh gemerkt mit 15.
00:05:21: In der Tat, das ist ja echt ein frühes Alter, wo man auch, wo eine auch andere Dinge im Leben
00:05:27: bewegen und nicht nur Politik, sondern wo andere spannende Sachen passieren. Du hast gesagt,
00:05:32: also irgendwie links warst du unterwegs, soziale Gerechtigkeit war ein Thema, da war die SPD
00:05:37: dann eine naheliegende Partei, auch weil da soziale Gerechtigkeit aus unterschiedlichen
00:05:42: Perspektiven diskutiert wurde. Du sagst, da gab es quasi diese älteren, mit einer teilweise
00:05:47: beeindruckenden Geschichte, aber auch die jüngeren, welche Unterschiede gab es da, wenn man über
00:05:52: soziale Gerechtigkeit redet? Also wie haben die unterschiedlich auf dieses verbindende Thema
00:05:57: geguckt? Vielleicht noch mal am Daniel anfangen zu kommen, also als ich in die SPD eingetreten
00:06:02: bin, bin ich in meinen Ortsverein gekommen, der ziemlich klein war mit zehn Leuten und
00:06:06: bin nach hauptsächlich auf alte Menschen getroffen. Also jetzt ohne meinen Genossinnen
00:06:09: in Sieg zu nahe zu treten, da war alles eher über 60 und ich war dann mit 15 schon eine
00:06:15: krasse Kerbe in der Altersstruktur unseres Ortsvereins. Und ich habe aber trotzdem gemerkt, dass es
00:06:21: so ein Band gibt, was uns zusammenhält. Das ist unsere Lebensrealität und der Alltag,
00:06:25: der uns beschäftigt, vielleicht sehr unterschiedlich ist und das ist nun mal so, also wenn du ein
00:06:28: Rentner bist, hast du ein anderes Leben als wenn du eine Schülerin bist. Aber dass dieser
00:06:32: Wunsch und diese Vorstellung davon, was Gerechtigkeit ist, ein sehr generationenübergreifendes
00:06:37: Verständnis ist, also dass man sagt, man möchte, dass alle Menschen Teil von Gemeinschaft
00:06:42: sein können, dass man solidarisch ist mit denjenigen, die ja es nicht so gut haben.
00:06:47: Also das ist so gleiche Elemente, die unser Verständnis von sozialer Gerechtigkeit ausmachen,
00:06:52: die eigentlich kein Alter kennen und die sehr universell sind. Und das hat mich sehr angesprochen
00:06:57: und deswegen auch die vielleicht etwas auch, also auch eine Situation, die ich manchmal
00:07:01: dann auch meinen Freundinnen und Freunden erklären musste, ey, de Lara, warum verbringst
00:07:05: du jetzt so viel Freizeit mit Leuten, die deutlich älter sind als du und redest mit
00:07:09: denen über Politik. Und da musste ich auch manchmal erklären, aber das ist etwas, was
00:07:13: mir aufgefallen ist, dass ich mit Genossinnen jeder Altersstruktur immer einen gemeinsamen
00:07:17: Erinner habe und der soziale Gerechtigkeit, der auch ähnlich verstanden wird und wir
00:07:22: erzählen uns dann unterschiedliche Perspektiven, wie wir darauf schauen. Und das hat mir gefallen
00:07:27: an der SPD. Also das hatte ja auf jeden Fall so sehr gefallen, dass du dann dabei geblieben
00:07:31: bist. Es gibt ja ganz interessante Untersuchungen, die sagen, die meisten Leute, die in der
00:07:35: SPD wieder austreten, die treten nach einem Jahr aus. Also das sind nicht die Leute, die
00:07:39: irgendwie nach 20, 30 Jahren frustriert sind über eine Entscheidung, sondern die, die
00:07:43: so richtig ankommen. Du bist dabei geblieben. Was waren Themen, was waren vielleicht Kampagnen,
00:07:50: was waren Projekte in diesen ersten Jahren in der SPD? Also ich kann mir schon vorstellen,
00:07:55: dass es manchmal schwierig scheint, in so einer großen, altgewachsenen Partei wie der SPD
00:08:00: seinen Raum zu finden, um das Anliegen, was einem politisch persönlich bewegt hat, vielleicht
00:08:04: sich als Mitglied einzutragen, dass das vielleicht gar nicht so unbedingt dann im Alltag des Partei-Lebens
00:08:10: stattfindet. Und bei mir war es so, dass ich aber dann vor allen Dingen bei den Jusis
00:08:14: aktiv geworden bin und immer wieder diese Orte schaffen konnte, wo genau die Themen,
00:08:17: die mich bewegt haben, dann auch diskutiert wurden. Also als ich direkt beigetreten bin,
00:08:23: stand zum Beispiel der Europawahlkampf vor der Tür, wo wir ja 2009 doch sehr große Sorge
00:08:30: hatten, dass es einen ganz großen Rechtsrück in Europa gibt. Fukushima ist passiert, das
00:08:35: Atomunglück in Japan, wo wir ganz viel Bewegung gegen Atomkraft auf der Straße hatten, wo
00:08:41: die Jusis auch Teil von waren. Also dementsprechend hatte ich das Glück auch auf eine sehr offene
00:08:46: Struktur zu stoßen, wo ich meine Themen, die mich beschäftigen, auch setzen durfte,
00:08:51: die auch teilweise noch gar nicht so verankert waren in der SPD. Also ich habe zum Beispiel
00:08:57: eines der ersten Dinge, die ich als Jusokreisversitzende gemacht war, war ein Seminarwochenende zum
00:09:03: Thema Umweltpolitik für den Menschen und nicht nur für den Frosch. Und da gab es zu dem Zeitpunkt
00:09:08: auch bei den Jusis noch nicht so viele Leute, die mit mir über Umweltpolitik sprechen wollten,
00:09:12: aber das ist ja jetzt etwas, was in meiner Arbeit im Europäischen Parlament, was ich hier sehr viel
00:09:16: mache und dass ich diese Räume schaffen konnte. Das war natürlich eine coole Möglichkeit.
00:09:20: Genau, also du sagst so eine althergebrachte Institution, die schafft es dann trotzdem,
00:09:26: irgendwie Räume zu schaffen für die eigenen Anliegen oder für die Anliegen, die einbewegen.
00:09:32: Und du hast schon angesprochen, du bist jetzt heute im Europäischen Parlament und zugleich
00:09:36: sind diese Themen, die du bearbeitest, ja ein gewisserweise ähnlicher. Da gibt es eine gewisse
00:09:40: Kontinuität und lass uns vielleicht ein bisschen darauf schauen. Du bist ja sehr, sehr intensiv mit
00:09:47: dem Green New Deal beschäftigt und es gibt da ein wunderbares Zitat. Du sagst, der muss wie eine
00:09:52: Wassermelone sein. Erzähl, warum muss dieses Politikprojekt wie eine Wassermelone sein? Was
00:09:58: verbiert sich da? Ich habe ja gesagt, so ein Leitthema, was mich immer beschäftigt hat,
00:10:03: ist Gerechtigkeit und es lässt sich immer so Lapida sagen, was bedeutet Gerechtigkeit eigentlich?
00:10:09: Ich finde gerade bei der Frage der Transformation unserer Wirtschaft hin zu einer klimaneutralen
00:10:14: Wirtschaft wird das eine, die nicht abstrakt bleiben darf und das ist das, was ich mit der
00:10:18: Wassermelone mithaffe, meine. Also ich glaube, das ist auch eine Entwicklung, die die Sozialdemokratie
00:10:24: durchgemacht hat in den letzten Jahrzehnten. Also ganz oft wurde Wirtschaft und Gesellschaft und
00:10:30: Klima gegeneinander ausgespielt. Man hat gesagt, Arbeitsplätze dürfen nicht gefährdet werden
00:10:36: und deswegen dürfen wir nicht so schnell sein mit der Transformation und so weiter. Also es ist ja
00:10:40: eine Angst gewesen oder ist eine Angst, die auch immer noch in der Gesellschaft da ist. Und ich
00:10:46: glaube aber, dass gerade das Nichthandeln bei der Klimakrise dazu führt, dass gerade die Menschen,
00:10:53: die am ehesten nochmal gucken müssen, wie kann ich meine Stromrechnungen überhaupt bezahlen,
00:10:56: wie kann ich von A nach B kommen in einer klimaneutralen Gesellschaft? Das sind all die Fragen,
00:11:00: die gerade sozialdemokratische und auch Gerechtigkeitsfragen in dem Mittelpunkt der
00:11:05: Diskussion stellen müssen. Deswegen sage ich immer, dass der Green Deal eine Wassermelone sein
00:11:09: muss. Er muss eine harte grüne Schale haben. Das sind die Klimaziele, die sind nicht verhandelbar,
00:11:13: mit denen muss man reden und das ist halt die grüne Schale. Aber der Kern muss halt rot sein,
00:11:18: er muss schmecken und er muss allen Menschen auch gefallen. Ich glaube so viele Schalen,
00:11:24: die Papa gibt es nicht und er darf auch, das ist dann immer noch die Extended Version von dieser
00:11:28: Metapher, nicht so viele schwarze Kerne haben, weil die dann eben den ganzen Transformationen nicht
00:11:34: so gut verdaulich machen. Die Kerne mag man nicht dabei bei der Wassermelone. Das ist klar. Was genau
00:11:40: heißt das, dieses Innenrotze? Also es muss schmecken. Das heißt, es darf quasi nicht gegen
00:11:47: Widerstände, nicht gegen bestehende Interessen gehen. Oder wie würdest du das beschreiben?
00:11:53: Ja, ich glaube es lässt sich am besten beschreiben, wenn man es ganz konkret macht, wenn wir über das
00:11:59: Schmecken der Klimatransformation sprechen. Ich habe das Gefühl, dass ganz oft die soziale
00:12:03: Frage hinten angestellt wird. Also das ist ja zum Beispiel bei Diskussionen um das Energiegeld
00:12:09: und so weiter. Wir machen die Transformation, wir machen sie auch schnell, wir machen eine hohe CO2
00:12:14: Bepreisung und dann müssen wir denjenigen, die nicht mitkommen, irgendwie ein paar Almosen
00:12:18: noch zustecken, damit sie dabei sein können. Und ich glaube, das ist zu spät. Also wir können
00:12:22: nicht die Geschwindigkeit hochdrehen und dann sagen uns, dass egal was passiert. Wir können aber
00:12:26: bei der Ausgestaltung von Instrumenten ganz genau gucken, wie sie eben vor allen Dingen sozial
00:12:31: schwächere Menschen betreffen und in unserer Politikgestaltung gucken, wie das dann organisiert
00:12:38: werden kann. Ein konkretes Beispiel hier auf europäischer Ebene wäre zum Beispiel die sogenannte
00:12:42: Energieeffizienzrichtlinie. Da bestimmen wir als Europäische Union Ziele zur energetischen Sanierung
00:12:49: von Wohnraum. Man kann jetzt natürlich sagen, man macht das irgendwie mit der Gießkanne,
00:12:52: alle Mitgliedstaaten gucken mal, wie sie das organisieren. Aber man kann doch in der Ausgestaltung
00:12:58: von zum Beispiel Förderprogrammen, die wir machen, um dann Kommunen zu ermöglichen,
00:13:02: dass sie energetisch sanieren, sagen, dass es genau diese soziale Frage mit in der Gestaltung
00:13:09: der Programme geben muss. Also wie organisiert man das Mieterinnen und Mieter auch davon profitieren
00:13:13: können und nicht nur die, die in Eigenheim haben, die dann selber entscheiden können, wie ihr
00:13:17: haussaniert ist, was sie sich aufs Dachschrauben für Solar pendelt, sondern dass wirklich alle
00:13:21: Menschen Teil der Transformation sein können. Und das kann nicht nachgelagert sein, das kann
00:13:25: man nicht nur durch Anreizsysteme machen, das muss ein Staat organisieren, damit alle Bürgerinnen
00:13:30: und Bürgern teilhaben können. Und das wäre ja auch eine wichtige Voraussetzung für gesellschaftliche
00:13:35: Akzeptanz, also dass dieser Wandel tatsächlich von vielen Menschen akzeptiert und begrüßt wird
00:13:40: und nicht mit Sorgen und Ängsten besetzt ist. Absolut. Auch da vielleicht eine kurze Anägtote.
00:13:46: Ich war in der Berufsschulklasse neulich, wo die alle dafür waren, dass man Klimapolitik macht und
00:13:51: die alle auch die Notwendigkeit und die Dringlichkeit der Klimakrise verstanden haben. Aber sie haben
00:13:57: halt konkrete Fragen und hatten halt das Gefühl, dass Politik sich gar nicht dafür interessiert,
00:14:01: wie sie dann in Zukunft überhaupt noch mobil sein können. Also das ist ja eine entscheidende Frage.
00:14:06: Und das haben wir auch beim neuen Euro-Ticket gesehen. Es gab das neuen Euro-Ticket und man hat
00:14:11: gesehen, wenn ein kostengünstiges Angebot da ist, dann steigen die Menschen auch um. Also die
00:14:16: Verfügbarkeitsfrage und das Teil haben können an Gesellschaft ist halt etwas, was gerade in so
00:14:21: einer massiven Wandel, wie wir ihn gerade sehen, entscheidend ist. Und wenn man das Gefühl hat,
00:14:25: es ist ein Luxus an Klimatransformation teilzunehmen und das Klimaschutz quasi ein Lifestyle-Produkt
00:14:31: ist, was man sich im Bio-Supermarkt kaufen kann und den sich absolut nicht alle leisten können,
00:14:37: dann wird es dafür keine gesellschaftliche Akzeptanz geben. Und das ist halt das, was mich
00:14:41: antreibt, wenn ich auch hier auf europäischer Ebene Gesetze mache, dass ich dafür sorge,
00:14:45: dass es einen politischen Rahmen gibt, der Klimaschutz nicht zu einem Eliten-Projekt macht,
00:14:49: sondern dafür sorgt, dass alle daran teilhaben können. Ja, Klimaschutz für alle, an dem alle
00:14:53: teilhaben können. Wenn man auf diesen Green Deal schaut, dann ist mein Eindruck manchmal ein wenig,
00:14:59: dass die Kommission und auch das Parlament in der neuen Legislaturperiode da ambitioniert gestartet
00:15:05: sind und dann kamen all die Krisen, die sich danach ereignet haben. Die Pandemie kam, dann der
00:15:12: russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Manchmal ist mein Eindruck, das hat den Green
00:15:17: Deal ein bisschen in den Hintergrund getränkt. Ist das eine berechtigte Beobachtung, die ich da
00:15:22: habe oder wird es so sagen, nee, also im Hintergrund, da läuft schon viel, auch wenn das gerade nicht in
00:15:27: der Öffentlichkeit kommuniziert wird? Also in der Öffentlichkeit würde ich direkt geben, also da hat
00:15:33: der Green Deal an Aufmerksamkeit verloren. Aber hier nicht, also hier kämpfen wir tatsächlich, also hier,
00:15:39: ich bin gerade im Brüssel, deswegen mal langsam zur Translarenz, hier nicht, also hier kämpfen wir
00:15:43: wirklich sehr, sehr, sehr stark dafür, dass der Green Deal bleibt. Wir haben das bei jeder Krise,
00:15:48: die jetzt auf uns zukam immer wieder verteidigt, weil nämlich genau diejenigen, die den Green
00:15:53: Deal eigentlich von Anfang an ziemlich blöd fanden, versuchen jede Krise dafür zu nutzen, dass die
00:15:57: Klimagesetzgebung jetzt eben nicht mehr kommt. Und es ist vor allen Dingen hier nochmal schärfer
00:16:02: geworden, seit die CDU nicht mehr in der Bundesregierung ist, das haben die immer noch nicht so ganz
00:16:06: verkraftet, sage ich mal. Und die schießen hier halt wirklich massiv gegen den Green Deal. Die
00:16:11: halten Prozesse auf, die verlangsamen Entscheidungsprozesse und die mobilisieren da eben gegen,
00:16:17: aber bisher eben ohne Erfolg. Wir schaffen es in wesentlichen Fragen zusammenzuhalten mit einem
00:16:23: sogenannten progressiven Bündnis. Also Sozialdemokraten sind da die größte Fraktion. Wir haben die Liberalen,
00:16:30: die zum Glück hier im Großteil nicht so sind wie die deutsche FDP, also die auch tatsächlich glauben,
00:16:34: es braucht Gesetze, um die Klimatransformation zu gestalten. Die Grünen, die Linken, aber auch
00:16:38: Teile der Konservativen, gerade aus den nordeuropäischen Ländern, die da wirklich auch stark unterstützen.
00:16:45: Also dementsprechend ist es so, dass ja die Aufmerksamkeit vielleicht ein bisschen geringer
00:16:49: geworden ist, aber der Druck und die Abwehrkämpfe, die wir eben führen gegen diejenige, die versuchen
00:16:55: mit so einer Art Katastrophenkapitalismus jetzt irgendwie diejenigen, einen Businessmodell zu
00:17:00: schützen, die eigentlich schon von Anfang an gegen Klimapolitik oder ambitionierte Klimapolitik
00:17:05: waren, die können wir bisher abwenden. Aber es wird tatsächlich immer, immer schwieriger.
00:17:09: Kannst du vielleicht mal ein Beispiel nennen, wo es da Konflikte gibt, wo quasi dieses fortschrittliche
00:17:14: Bündnis sich vielleicht am Ende durchgesetzt hat, aber was waren die Streitfragen?
00:17:18: Also ein momentan sehr heiß diskutiertes Thema ist das Verbrenner aus 2030. Also da sagt man
00:17:25: eigentlich in der expertenden Welt, dass die Gesetzgebung dahinter hinkt, d.h. was sich eigentlich
00:17:31: schon die Automobilhersteller überhaupt überlegt haben, weil es bei diesem Verbrenner aus 2030
00:17:36: darum geht, dass keine neuen Verbrenner mehr auf dem europäischen Markt zugelassen werden.
00:17:41: Und die größten Automobilhersteller haben sowieso schon das Ziel, 2030 gar keine Verbrenner
00:17:46: mehr auf die Straße zu schicken. Jetzt gerade, also lustigerweise ist es halt so, dass ja die
00:17:51: Kommissionspräsidentin ist ja eine CDU-Frau, das ist ja Ursula von der Leyen, die hat das
00:17:55: also auch mit vorgeschlagen. Und die CDU jetzt halt gerade, oder die EVP, also es ist ja die
00:18:00: ihre Parteienfamilie hier im europäischen Parlament, die versuchen jetzt gerade mit Biegen und
00:18:05: Brechen dieses Verbrenner aus wieder rückwängig zu machen, obwohl es da eigentlich schon eine
00:18:09: politische Einigung gab. Und das hat ja jetzt auch noch Anklang gefunden in der Bundesregierung
00:18:13: bei der FDP, die da Porsche-Interessen ja vertreten und sagt, alternative Antriebstoffe müssen
00:18:20: halt noch erlaubt sein nach 2030, wo es überhaupt gar keinen Business Case für gibt. Die sind
00:18:25: viel zu teuer und auch in der Entwicklung noch nicht soweit, dass es ansatzweise eine Überlegung
00:18:29: wäre, dass das ökonomisch sinnvoll ist, überhaupt noch mehr in diesem Bereich zu reduzieren.
00:18:34: Und deswegen kommt dann wieder die Gerechtigkeitsfrage. Ja, es klingt erst mal bedrohlich,
00:18:38: dass 2030 nur noch E-Autos auf dem Neumarkt zudest. Und da fragen sich natürlich Leute,
00:18:43: die noch keine Ladeinfrastruktur vor Ort haben. Wie kann ich denn dann überhaupt mobil sein?
00:18:47: Aber genau das ist ja die entscheidende Frage, wo ich wieder zum Anfang komme, wo wir uns
00:18:52: überlegen müssen, wie muss der Staat auch Verantwortlichkeit dafür übernehmen, diese
00:18:56: Infrastruktur zu schaffen. Und dementsprechend ist das billiger Populismus, was da passiert.
00:19:01: Man suggeriert Menschen eine Angst, die vielleicht irgendwo eine Grundlage haben. Also mein Vater
00:19:05: hat auch mich erst mal angerufen, als ich ihm gesagt habe, dass er in der Zeitung gelesen
00:19:09: hat, dass ich als Europaprognete jetzt ein Verbrenner ausbeschlossen habe. Aber man kann
00:19:13: es natürlich instrumentalisieren, um daraus politisch Kapital zu schlagen. Oder man
00:19:18: ist halt ehrlich damit und sagt Leuten, hey, ich mache das jetzt gerade, weil ich eine Perspektive
00:19:22: dafür will, dass du auch mal mit E-Mobilität unterwegs sein kannst oder noch verrückt
00:19:26: damit, einem ausgebauten ÖPNV. Aber das schmeckt den Konservativ nicht und sie nutzen das
00:19:34: da ganz klar. Das ist jetzt so ein Beispiel. Aber es gibt noch tausend andere, die Pestizidverordnung,
00:19:39: wo es um den reduzierten Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft geht, wo auch gesagt
00:19:44: wird, hey, jetzt mit der Ukraine haben wir sowieso viel teurere Futtermittel und so weiter.
00:19:50: Jetzt können wir doch nicht die Landwirtschaft noch uneffizienter machen. Aber das natürlich
00:19:55: auch eine Landwirtschaft langfristig in Interesse daran hat, dass die Böden gesund sind, dass
00:20:00: Menschen gesund sind. Das steht doch außer Frage. Also dementsprechend werden halt Ängste
00:20:04: aus der Krise genutzt, um halt unliebsame Gesetze aufzuhalten und das wird immer schwieriger.
00:20:11: Ja, das ist ja tatsächlich keine fortschrittliche Politik, nicht nur in so einem Sinn politischer
00:20:16: Bündnisse, die irgendwie progressiv sind oder eher konservativ sind, sondern in dem Sinne
00:20:21: eine, es ist abwehrend, es ist keine Strategie, die irgendwie in die Zukunft beisen würde.
00:20:25: Ja, und das ist auch übrigens, weil wir ja über meinen Anfang gesprochen haben, das
00:20:29: konnte ich auch einfach nicht verstehen. Also ich kann nicht verstehen, wie man politisch
00:20:33: aktiv wird oder sich entscheidet, ich werde jetzt Politiker, wenn man gar nichts verändern
00:20:38: will. Also das habe ich manchmal das Gefühl. Das finde ich schon sehr faszinierend und
00:20:44: das ist halt eine fundamental andere Vorstellung von Gesellschaft, als ich sie habe. Also ich
00:20:48: glaube, dass wir halt Politik brauchen, damit zukunftsgestaltet wird und damit diejenigen,
00:20:53: die jetzt schon Ideen haben, wie eine Welt funktionieren kann, die klimaneutral ist,
00:20:58: die eben nicht benachteiligt werden durch den politischen Rahmen, den wir in Europa
00:21:02: geben und das ist momentan der Fall. Momentan werden diejenigen auf dem Markt, also da bin
00:21:07: ich sogar markthörig, benachteiligt, die halt eigentlich schon viel nachhaltigere Geschäftsmodelle
00:21:14: haben und genau da sehe ich halt den Handlungsbedarf von Politik und anderer halt nicht, nicht weil
00:21:19: sie für die Menschen sprechen und das ist ja das, was sie immer tun, sondern weil sie
00:21:22: für diejenigen sprechen, die halt die großen Interessen, also fossilen Interessen muss
00:21:27: man sagen verteidigen. Ja, das erklärt vielleicht ein bisschen diesen Politikansatz. Es gibt unterschiedliche
00:21:32: Interessen, die da im Spiel sind. Herzlichen Dank bis hierhin. Ich würde gerne mit dir kurz
00:21:38: einsteigen in unser Dafür-und-Dagegenspiel. Wir haben 20 Begriffe und würden dich gerne kurz bitten
00:21:45: zu jedem Begriff zu sagen, bist du dafür, bist du dagegen und wir starten mal mit dem bedingungslosen
00:21:51: Grundeinkommen. Dagegen. Dagegen. Erasmussemester. Dafür. Okay, Fischbrötchen. Dafür. Ein sehr
00:22:00: entscheidendes Jahr. Kostenfreier ÖPNV. Dafür. Wasserstoff als Schlüsseltechnologie im Green
00:22:09: Deal. Dafür. Online Wahlen. Spannend dafür. eher dafür. Ne, ja dafür. Wir müssen mal
00:22:19: wie sprechen, aber dafür. Okay. Wir müssen mal drauf zurückkommen. Diplomatische Beziehungen
00:22:26: mit dem Iran. Dagegen. Dagegen. Das Festkleben für den Klimaschutz. Dagegen. Sitzungstermine
00:22:34: vor acht Uhr morgens. Dagegen. Schieben Dagegen. Eine vier Tage Woche. Dafür. Pizza mit Sauce
00:22:45: for Londes. Dagegen. Wahrscheinlich eine kluge Entscheidung. Intersektionale Feminismus.
00:22:52: Dafür. Der Ausbau des ÖPNV im ländlichen Raum. Dafür. Ein Verbot von Fast Fashion. Dafür.
00:23:01: Der EU-Beitritt der Ukraine. Dafür. Elternunabhängiges BAföG. Dafür. Okay, alle Wahlen für Menschen
00:23:12: ab 16 freigeben. Dafür. Auch dafür. Sehr gut. Sehr positiv. Gut. Ich habe mit meinen Staatsrechtskollegen
00:23:19: da immer heftige Diskussionen, ob man das machen sollte. Ich bin auch dafür. Vorletzte Frage.
00:23:24: Urlaub in den Bergen. Kann ich als Norddeich nicht so viel mit anfangen. Dagegen. Eher Dagegen.
00:23:31: Schön anzugucken. Aber ich weiß nicht. Okay, nicht so ganz überzeugend. Frauen leben Freiheit. Dafür.
00:23:42: Dafür. Da sind wir mitten in der Situation im Iran. Aber herzlichen Dank für das schnelle,
00:23:49: spannende Beantworten der Fragen. Ich würde gerne quasi an unserer letzten, an unserem letzten
00:23:54: Thema ein bisschen anschließen. Du hast gesagt, also diplomatische Beziehungen mit dem Iran nicht
00:24:00: und ein klares dafür bei Frauen Leben und Freiheit. Dieses Thema Iran ist ja bei dir auch ein biografisches
00:24:09: Thema. Wenn ich es richtig gelesen habe, ist da ein Großvater kurz nach der Gründung der islamischen
00:24:17: Republik umgebracht worden. Erzähl, was ist da passiert? Ja, also mein Großvater war ein Anhänger
00:24:26: des Schaars. Mit dem ich meine Familie ist auch eher kronloyal gewesen. Mein Vater hatte da Funktionen
00:24:34: auch beim Schaar und wurde dann als Rumini die Macht übernommen hat. Wurde er dann ermordet. Und
00:24:42: meine Großmutter hat dann, ja, also die war dann ja ein bisschen älter als ich tatsächlich. Jetzt
00:24:50: bin, hat sechs Kinder. Meine Mutter war zu dem Zeitpunkt so, als mein Großvater ermordet wurde
00:24:57: 17. Als sie 18 war, sind die dann eben mit den Geschwistern und meiner Großmutter nach Deutschland
00:25:03: gekommen nach Hamburg, um sich in Sicherheit zu begeben, weil auch da noch nicht klar war, was
00:25:08: passiert denn auch noch mit der Familie? Also das war schon, ja, das ist natürlich sehr prägend
00:25:14: für eine Familie, wenn sie so eine Fluchtgeschichte hat und auch jemanden verloren hat an dieses
00:25:20: Regime. Und dementsprechend ist es tatsächlich so, dass natürlich diese Familiengeschichte bei mir
00:25:26: sehr sehr prägend einerseits ist, aber andererseits auch der Iran als solch ist gar nicht so viel auf
00:25:32: der Agenda zu Hause stand. Weil ich glaube, diejenigen, die zuhören, die selber eine Diaspora
00:25:39: Familie sind, die Familie mit Fluchtgeschichte haben, ist, dass man ganz oft dann nur noch nach
00:25:43: vorne schaut. Also man guckt gar nicht mehr zurück, man beschäftigt sich nicht mit dem vergangenen,
00:25:47: weil da natürlich auch Fragen sind. Also ich persönlich habe natürlich auch Fragen, weil ich
00:25:51: denke mal, dass was mein Großvater politisch gemacht hat, das finde ich wahrscheinlich auch
00:25:54: nicht besonders gut. Also Geheimdienst vom Schaar gewesen zu sein, hätte ich sicherlich auch
00:26:01: Fragen zu gehabt. Und deswegen hat man sich als Familie dann so entschieden, nur nach vorne
00:26:04: zu gucken und gar nicht genau zu gucken, was da passiert. Und natürlich, gerade für meine Großmutter,
00:26:09: die ja dann selber auch noch mal politischer ist, die ein großer Fan des Sohns vom Schaar,
00:26:15: Reser Pachler, wie es für die ist, das natürlich noch mal, die hat es immer noch mal anders verfolgt,
00:26:20: aber es ist dann natürlich auch ein bisschen streit manchmal, die man politisch hat. Und
00:26:24: deswegen habe ich mit meiner Familie immer gar nicht so viel über den Iran geredet und
00:26:27: tatsächlich hat die feministische Revolution jetzt das auch für mich fundamental geändert,
00:26:31: wie auch viel mehr darüber sprechen tatsächlich, was passiert ist. Also deswegen ist dieser
00:26:36: Wegruf nicht nur ein Wegruf für die feministische Befreiung des Iranes, sondern es ist auch
00:26:41: bei uns in der Familie wirklich ein Punkt, wo gerade wir als nachfolgende Generationen,
00:26:45: meine Kusine und ich ganz viel uns auch beschäftigen mit dem Iran und unseren Wurzeln.
00:26:50: Was sind es für Themen, worüber sprecht ihr? Also es sind einmal so banale Dinge,
00:26:54: dass ich einfach gemerkt habe, also das klingt jetzt vielleicht komisch, also meine gesamte
00:26:59: Kindheit war der einzige Iraner, den ich gesehen und getroffen habe, mit dem ich nicht verwandt war,
00:27:05: der Teehändler auf dem Wochenmarkt. Und dann bin ich zu der ersten Demo gefahren, die im Kiel,
00:27:12: dann ist ich wohl ja in Kiel, die da war und habe, saß im Bus und überall um mich herum reden
00:27:19: Menschen wie meine Familie, reden persisch miteinander. Mir ist erst mal aufgefallen,
00:27:24: wie viele andere Menschen mit einer iranischen Hintergrund überhaupt in meiner Umgebung alleine
00:27:30: schon sind. Also diese Beobachtung teilen wir. Aber natürlich ist es auch irgendwie noch mal
00:27:35: krasser, wenn sowieso, also bin ich ein sehr empathischer Mensch und sämtliche Bewegung für
00:27:41: Freiheit und Gleichberechtigung nehme ich immer emotional sehr stark mit. Aber es ist irgendwie
00:27:46: schon auch noch mal etwas anderes, wenn die Leute, die da auf Todeslisten stehen, für die man politische
00:27:52: Patenschaften übernimmt, so heißen wie deine Tante und irgendwie ähm ja also ähnliche Familiengeschichten
00:27:59: haben. Dementsprechend sind es so welche Beobachtungen, mit denen wir uns austauschen.
00:28:03: Und wo wir eben dann auch viel drüber sprechen.
00:28:06: Gibt es manchmal auch in euren Gesprächen und in deinem Denken so ein "Was wäre wenn?" Moment?
00:28:13: Also was wäre, wenn diese Flucht nicht gelungen wäre? Wie wäre dann jetzt mein Leben?
00:28:17: Absolut, als ich mein für mich trifft das ja nicht so krass zu, weil mein Vater ja deutscher ist,
00:28:22: also er ist ja hessisch. Dementsprechend wäre ich ja nicht geboren, wenn meine Familie nicht geflüchtet wäre.
00:28:27: Aber für meine Mutter ist das natürlich eine ganz entscheidende Frage,
00:28:31: dass sie ihr Leben so, wie sie es geführt hat, so wie sie mich als ihre Tochter erzogen hätte,
00:28:36: dass wäre im Iran niemals möglich gewesen. Den Zugang zu Bildung, dem eine Tante und meine Onkel hatten.
00:28:43: Wäre nicht der gleiche gewesen. Also dieses "Was wäre wenn?" das ist schon sehr, sehr stark.
00:28:50: Gerade bei einer Familie, die halt durch diesen Regimewechsel ihren Vater verloren hat,
00:28:54: ihren Großteil ihrer Familie verloren hat, ist diese Hoffnung halt eine Identifikation,
00:29:00: eine ganz andere und einen krassen Moment, der diesmal anders gemacht hat.
00:29:05: Also es ist ja nicht so, dass es das erste Mal ist, dass es Revolutionsbewegungen gab.
00:29:08: Es gab ja immer wieder Revolutionsbewegungen und auch Gründe, ein bisschen Hoffnung zumindest zu haben,
00:29:13: dass dieses Regime endlich weg ist. Aber dieses Mal ist es tatsächlich so gewesen,
00:29:18: dass das erste Mal meine Mutter gesagt hat, Delaara, wenn sie es schaffen, fahren wir zusammen in den Iran.
00:29:26: Also du, deine Oma und ich. Und das hat sie vor allem noch nie gesagt.
00:29:30: Also das ist auf einmal so viel Hoffnung gibt, dass meine Mutter das sogar sagte.
00:29:34: Seitdem sie geflüchtet ist, nie wieder im Iran war, das fand ich schon sehr bewegende Moment.
00:29:38: Und da dachte ich halt, okay, diesmal passiert wirklich etwas, etwas, was so groß ist und was so verändert sein kann,
00:29:45: dass wir nicht wegschauen dürfen und dass wir den politischen Druck auch organisieren müssen.
00:29:48: Und ich habe es übrigens auch mit ganz vielen anderen Menschen, die auch in der Politik sind,
00:29:53: die einen iranischen Background haben besprochen.
00:29:55: Also dass man gar nicht immer so viel, und es ist vielleicht auch Teil der iranischen Community,
00:30:00: dass man gar nicht so viel immer sich darüber unterhält, dass man die gleichen Wurzeln hat.
00:30:05: Aber dass diesmal wirklich alle, und das habe ich auch von mehreren, ich sage jetzt keine Name,
00:30:11: aber von Leuten, die halt auch im persischen Background und iranischen Background haben,
00:30:14: die haben gesagt, ey, ich habe das erste Mal jetzt auch wirklich, ich spreche darüber in der Öffentlichkeit
00:30:19: und ich bin auch sichtbar als Mensch mit einer iranischen Geschichte und mische mich eine in die Debatte,
00:30:25: um das eben auch sichtbar zu machen, dass es nicht nur ein Kampf der Menschen im Iran ist,
00:30:29: sondern einer, der so viel Diaspora auf der ganzen Welt ja im Endeffekt bewegt.
00:30:34: Also etwas, was sehr Mut macht, wenn es sozusagen Hoffnung gibt.
00:30:38: Und du hast ja gesagt, da gab es schon eine ganze Reihe von Protesten.
00:30:43: Wenn man diese Jahreszahlen der Proteste sich anguckt, 2004, 2009, 2019,
00:30:50: das nimmt ja zu, in dem Sinne, dass die Abstände zwischen den Protesten weniger kurz sind
00:30:56: und es nimmt auch zu, in dem Sinne, dass mehr Menschen daran beteiligt sind.
00:31:00: Trotzdem nochmal die Frage, warum ist das jetzt eine feministische Revolution?
00:31:04: Was ist der feministische Moment daran?
00:31:06: Was ist anders vielleicht an den Revolutionens Ansätzen vorher?
00:31:10: Die haben wir nicht als feministisch beschrieben.
00:31:12: Also diesmal ist tatsächlich der Anlass, wo die großen Demonstrationen begonnen haben,
00:31:18: der Ermordung von Marca Amini, Marca Gina Amini, einer Kurde gewesen,
00:31:23: die halt im Polizeigewasern ermordet wurde, weil sie ihr Kopftuch nicht richtig getragen hat.
00:31:29: Und das hat ja vor allen Dingen gerade auch junge Frauen ganz stark auf die Straße getragen
00:31:33: und diese Sichtbarkeit von Frauen in den Protesten, auch die Aktivität von den Protesten,
00:31:37: gerade auch in den kurdischen Teilen, die war ja so groß wie noch nie.
00:31:43: Das ist einmal diese feministische Dimension.
00:31:47: Aber das ist auch so gesellschafts- und generationumfassend.
00:31:51: Also dass auch Frauen, aber auch eigentlich alle Menschen im Iran auf der Straße im Endeffekt waren,
00:31:56: aber dass die Bewegung angeführt wurde von gerade jungen Frauen, von der Genset, wie man sagt,
00:32:02: also von der jungen Generation im Iran, die halt auch nur in diesem Regime aufgewachsen ist.
00:32:08: Also für die, das Regime halt offensichtlich auch noch nichts getan hat.
00:32:12: Also wo man auch kein Vergleichswert als Generation hat zu vorherigen Regimen,
00:32:16: was vielleicht sonst immer noch mal so ein Hindernisgrund war, warum man auf die Straße gegangen ist.
00:32:20: Nee, jetzt geht halt eine Generation auf die Straße, die halt nichts anderes kennt als die islamische Republik Iran
00:32:25: und die dann eben auch weiß und merkt, dass dieses Regime nichts für sie tut.
00:32:31: Und sie deswegen auch endlich sich befreien wollen und eben gleichberechtigt Menschen in einer Gesellschaft sein wollen,
00:32:40: die demokratisch und freiheitlich organisiert ist.
00:32:43: Und das ist dieser feministische Kampf daran, der so umfassend ist, der ja nicht nur Frauen betrifft,
00:32:48: sondern ja die gesamte Gesellschaft verändern wird.
00:32:50: Es verändert die ganze Gesellschaft, aber Frauen als Auslöser und als Motor jetzt der Bewegung,
00:32:57: die das quasi immer weiter vorantreiben.
00:33:00: Hast du Kontakt? Gibt es Angehörige, zu denen du im Moment Kontakt hast, gelingtes Kontakt zu halten in den Iran?
00:33:07: Also tatsächlich hab ich eigentlich der größte meiner Familie irgendwie auf der Welt verteilt.
00:33:13: Also von Tehrangelis, wie man sagt, Los Angeles, hab ich sehr viel Familie über Paris, also die sind überall auf der Welt verteilt.
00:33:21: Es gibt einige noch im Iran, aber da ist der Kontakt schon sehr lange eingeschlafen.
00:33:27: Also dementsprechend habe ich keine First Hand Quellen und tausche mich damit unterschiedlichen Menschen einfach hier aus der Diaspora aus,
00:33:35: wo aber auch unterschiedliche Perspektiven tatsächlich auch sind.
00:33:38: Also das ist auch wichtig zu sagen.
00:33:40: Also es gibt eine große Einigkeit in der Opposition auch zum Regime,
00:33:44: und das wird ja auch gerade organisiert, also wirklich eine bündnisübergreifende Opposition,
00:33:50: die sich halt allen in dem Gedanken daran, dieses Regime endlich loszuwerden.
00:33:55: Aber es gibt natürlich auch unterschiedliche Perspektiven darüber, was die richtigen Instrumente und Wege sind, diese Politik jetzt auch zu erreichen.
00:34:01: Und da tausche ich mich einfach mit unterschiedlichen auch Akteuren aus, aber hab keine First Hand Quellen aus dem Iran.
00:34:09: Unterschiedliche Wege sagst du, unterschiedliche Perspektiven, die es in dieser Auseinandersetzung gibt,
00:34:15: und es scheint ja auch unterschiedliche Interessen zu geben, und das macht vielleicht im Moment die Bewegung so stark.
00:34:20: Es hat vielleicht eine religiöse oder mediare, emazebatorische Dimension gegen das Kopftuch gewandt.
00:34:26: Es hat eine politische Dimension gegen dieses Regime, gegen die Unfreiheit gewandt.
00:34:31: Es hat aber auch eine soziale Dimension, wenn ich das richtig überschaue, und vielleicht auch ethnische Komponenten.
00:34:36: Du hast schon die Kurden angesprochen. Ich hatte den Eindruck, dass da ganz, ganz viel zusammenkommt.
00:34:41: Absolut. Da kommen unterschiedliche Dinge zusammen, aber das Entscheidende,
00:34:45: und was die Bewegung ja auch so unglaublich stark macht, ist, dass alle sich einig sind,
00:34:50: dass ihre Vorstellung von Freiheit und Demokratie nicht mit diesem Regime kompatibel sind,
00:34:55: weil dieses Regime ermordet, weil dieses Mensch im Regime alle, die anders sind und die nicht in ihre Muster passen, verfolgt, vergewaltigt, brutal ermordet.
00:35:04: All das macht dieses Regime, und deswegen ist auch mir so wichtig zu betonen,
00:35:08: nicht das, was die unterschiedlichen Teile der Opposition unterscheidet, sondern das, was sie eint.
00:35:13: Weil das ist ja das, was Veränderung schaffen wird. Also dieses gemeinsame Verständnis davon,
00:35:17: das ist eine neue, also einerseits von außen gesprochen, Iran-Politik-Brauch,
00:35:23: aber das ist vor allen Dingen eben auch ein neues iranisches Regime-Brauch,
00:35:27: das eben einfach komplett fundamental dieses Land umbauen wird und eben dafür sorgen wird,
00:35:32: dass Wahlen frei und gleich stattfinden, dass Minderheiten geschützt werden,
00:35:38: dass gewisse demokratische Grundlagen geschaffen werden, dass Sozialstaatlichkeit geschaffen werden,
00:35:42: weil es unglaubliche Armut gibt. Also das ist ja so absurd, wie reich der Iran auch ist, wie ungleich trotzdem die Lebensrealität von Menschen,
00:35:50: wie viel Armut es in diesem Land gibt, obwohl es so ein reiches Land ist.
00:35:54: All diese Fragen, die stehen natürlich irgendwo mit auf dem Spiel, und die sind auch Teil dessen, was Menschen auf die Straße treibt,
00:36:01: aber die große Einigkeit ist halt, dass dieses Regime halt nichts für seine Bevölkerung tut,
00:36:06: außer sie zu verfolgen, zu schassen und zu ermorden.
00:36:09: Und unser Beeindruckender ist ja der persönliche Mut derjenigen, die sich engagieren.
00:36:16: Wir haben kein flächendeckendes Bild, aber das, was wir hören, das, was wir mitkriegen aus dem Iran, ist ja unvorstellbar an Terror.
00:36:24: Du hast es angesprochen, Vergewaltigung, Inhaftierung, willkürliche Inhaftierung ohne jeden Gedanken an Rechtsstaatlichkeit,
00:36:34: in den gefängnissen unhaltbare Zustände. Wie ist da ein Eindruck, wie entwickelt sich im Moment die Protestbewegung?
00:36:41: Also es wird immer wieder davon geschrieben, dass weniger Menschen auf die Straße gehen und dass die Proteste insgesamt sich abgekühlt haben.
00:36:48: Ich finde das sehr gefährlich, das einfach so zu übernehmen, weil das ja auch Teil der Bilder ist, die das Regime gerade versucht zu erzeugen,
00:36:56: weil sie eben auch immer krasser gegen die politischen Gefangenen vorgeht, aber auch immer mehr Menschen inhaftieren.
00:37:02: Es gibt gerade viele Fälle davon, wo religiöse Fundamentalisten Giftanschläge auf junge Frauen, auf Schülerinnen machen,
00:37:11: um sie aus der Öffentlichkeit fernzuhalten. Universitäten sollen ja formal, also nach Nouros nach dem Neujahrsfest,
00:37:20: sollen die eben digitalisiert werden, was eben auch nochmal einschränkt.
00:37:25: Also es soll dann irgendwie positiv und modern klinge, aber natürlich geht es darum, wieder Menschen aus der Öffentlichkeit auszuschließen.
00:37:31: Also es wird so massiv gegen die Sichtbarkeit der Proteste vorgegangen, dass man sehr vorsichtig sein muss, was man dafür Schlüsse draus zieht.
00:37:41: Und es ist ebenso, dass die Menschen trotz dieser massiven Repressionen weiter auf die Straße gehen und weiter laut sind,
00:37:47: weiter vor die Gefängnisse gehen und die Freilassung der politischen Gefangenen fordern.
00:37:52: All das passiert immer noch und deswegen ist es auch so wichtig, dass wir immer noch hinschauen und auch die politische Aufmerksamkeit drauf halten.
00:37:59: Und das ist jetzt genau die Herausforderung und die Aufgabe, vor der auch die Politik auf internationaler Ebene steht.
00:38:06: Also du hattest ja gefragt, diplomatische Beziehung mit dem Iran oder nicht.
00:38:10: Und ich glaube, gerade jetzt muss die Weltgemeinschaft, wenn sie sich solidarisch an die Seite der Menschen, die für Freilich und Gerechtigkeit auf die Straße gehen, stellen will,
00:38:18: muss sie da hart bleiben und auch keine falschen Deals mitmachen.
00:38:23: Also gerade bei dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen sind ja auch viele Länder geschlossen, aufgestanden, als der iranische Außenminister geredet hat.
00:38:32: Andererseits hat mich auch sehr beschäftigt, dass die belgische Außenministerin, die sich vor kurzem noch ihren Top abgeschnitten hat aus Solidarität mit den Frauen um Iran,
00:38:41: einen One-on-One-Treffen mit dem iranischen Außenminister gemacht hat und damit ja genau die Bilder erzeugen, die halt das iranische Regime will,
00:38:49: nämlich der Normalisierung, also dass alles sich irgendwie abkühlt, dass die Proteste nicht mehr so wichtig sind und das darf nicht passieren.
00:38:55: Es darf kein Business as usual geben, wenn wir wollen, dass die feministische Revolution besteht, dass wir solidarisch sind mit den Menschen, die auf die Straße gehen.
00:39:03: Da müssen wir jetzt daran arbeiten, dass die iranische Regierung nicht normalisiert wird, weil sie eben nicht für ihre Bevölkerung spricht.
00:39:10: Diese Bevölkerung schast sie, grenzt sie ein und versucht sie, Mundhut zu machen.
00:39:15: Dafür darf es keine Normalisierung geben.
00:39:17: Ich weiß nicht, was die Ministerin bewegt hat, die du gerade angesprochen hast, aber manchmal gibt es ja die Hoffnung, wir können über diplomatische Kanäle irgendwie was bewegen.
00:39:26: Es gibt quasi nur eine amtierende Elite in einem Land, mit der muss man reden, um irgendwie etwas zu bewegen.
00:39:33: Ich persönlich habe den Eindruck, dass das eigentlich im Moment nicht mehr gerechtfertigt ist, weil sich die iranische Elite auch anders orientiert,
00:39:39: als wir noch ernsthaft über das Atomabkommen gesprochen haben.
00:39:43: Gab es, glaube ich, solche Möglichkeiten, noch Einfluss zu nehmen, aber im Moment haben wir eine andere Orientierung.
00:39:50: Es gibt eine Orientierung Richtung Russland, Richtung China, es gibt neue internationale Allianzen und eine Abkehr quasi von sogenannten westlichen Bündnispartnern.
00:39:59: Ich glaube, es gibt eigentlich kaum mehr Raum für diese Form der Deklomatie, in der Hoffnung, dass sich da was verändert.
00:40:07: Absolut, das teile ich.
00:40:09: Und das ist ja das Problem mit Leitsätzen.
00:40:11: Also man kann natürlich immer sagen, es gibt so einen Muster, nachdem funktioniert auch so zeidemokratische Außenpolitik.
00:40:17: Und das ist halt immer Verständigung, Dialog und es ist ja auch ein unfassbar wesentliches Element.
00:40:23: Aber es gibt halt Situationen, wo die äußeren Rahmenbedingungen einfach nicht für diese Business as usual Modelle geeignet sind.
00:40:30: Ich würde sagen, es ist genau wie du beschreibst.
00:40:32: Der Raum ist so klein und die Ziele oder die Erfolge, die einen solchen Normalisierung und diplomatischen Austausch mit dem iranischen Regime deals, die zustande gehen, konnte denn den Effekt, den die tatsächlich haben könnten,
00:40:46: wäre so marginal, dass ich glaube, dass das einfach jetzt gerade nicht auf der Tagesordnung stehen sollte.
00:40:52: Du hast eben gesagt, wir bräuchten dann eine neue Iranpolitik.
00:40:57: Wir brauchen eine andere Iranpolitik.
00:40:59: Wie könnte man die umreißen? Wie müsste die aussehen?
00:41:02: Ich glaube, die müssen wir noch ganz fundamental neu entwickeln und ich habe dafür auch kein Thema F.
00:41:08: Das wesentliche Element ist, dass in jedem Interaktion mit dem iranischen Regime deutlich werden muss, was unsere Werte sind und welche Werte wir verteidigen wollen, wenn wir Dialog und Außenpolitik machen.
00:41:23: Und das sind Menschenrechte, das sind auch die Rechte von Frauen, das ist Demokratie, Rechtsstaatlichkeit.
00:41:29: Gegen das alles arbeitet dieses Regime.
00:41:32: Und da müssen wir klar sein in dem Handeln und was wir auch für Bedingungen stellen, zum Beispiel in Diskussionen um einen Atomabkommen, was natürlich weiterhin eine schöne Idee ist.
00:41:42: Also es ist natürlich gut, wenn der Iran nicht an Atomwaffen kommt.
00:41:45: Aber wir sehen doch seit Jahren, dass trotzdem die Anreicherung stattfindet und der Iran trotzdem die atomaren Kapazitäten aufbaut.
00:41:52: Also offensichtlich gibt es da auch keinen Erfolg in diesen Verhandlungen.
00:41:55: Und genau das ist halt etwas, wo man dann sagen muss, hier machen wir die Reißleine und deswegen kann mit alten Instrumenten neue Iranpolitik nicht gemacht werden,
00:42:03: sondern wir müssen uns überlegen, wie das alles eben mit diesen Werten einer Werte geleitet in Außenpolitik, einer feministischen Außenpolitik zu vereinbaren ist.
00:42:11: Und da sind wir ja gerade genau in diesen Prozessen.
00:42:13: Also klares Bekenntnis zu den eigenen Werten und die nicht verhandelbar stellen, sondern sagen, das ist die Wertvorstellung.
00:42:21: Es geht um Menschenrechte, Frauenrechte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit.
00:42:25: Und da ist man auch quasi auf der Ebene, sozusagen der Politik, der politischen Akteure, wollte mit dir, weil du ja auch auf einer anderen Ebene engagiert bist,
00:42:37: nur fragen, was könnte man jetzt unmittelbar, als jemand, der nicht in einem Parlament sitzt?
00:42:43: Was kann man tun, um die Proteste zu unterstützen?
00:42:46: Also erstmal gibt es zahlreiche Hilfsorganisationen, wie vielleicht der spontanen Hava-Helpein,
00:42:52: die gezielt auch Hilfe für Zivilgesellschaft und für Offer des Regimes organisieren und Sichtbarkeit organisieren,
00:43:00: Geschichten zu teilen von Menschen, die in Haft sind, die den Todesurteide drohen, also dass man da wach bleibt,
00:43:07: dass man auch immer wieder fragt, woher sind Quellen von Dingen, die gerade berichtet werden.
00:43:13: Also diese Geschichte von die Zeilerprotestierenden werden weniger, genau zu überlegen.
00:43:18: Moment mal, wenn es von der iranischen Presseagentur kommt, ist es vielleicht nicht die sicherste Quelle, weiter darüber zu reden.
00:43:25: Das ist, glaube ich, sehr wichtig und das habe ich auch in dem Buch von Natalia Amiri, was ich übrigens auch sehr empfehlen kann,
00:43:31: zwischen den Welten gelesen. Sie hat gesagt, dass 2009 die Grüne Revolution, die auch ziemlich groß war,
00:43:38: deswegen ja im Keim erstickt wurde, weil aufgehört wurde, drüber zu berichten.
00:43:43: Sie sagt, dass tatsächlich der Tod von Michael Jackson Schuld war, dass dann in den internationalen Medien nicht mehr über den Iran berichtet wurde,
00:43:51: dass nicht mehr hingeschaut wurde und dass wir das verhindern müssen, dass wir die Aufmerksamkeit hochhalten müssen,
00:43:56: daran können wir alle was tun. Vielmehr können wir ja auch teilweise als Politikerinnen gar nicht tun, also außer die Aufmerksamkeit hochzuhalten,
00:44:03: weil natürlich die Instrumente, die uns bleiben im diplomatischen Sinne irgendwo auch aufhören, also Sanktionen haben wir beschlossen,
00:44:09: Terrorerlistungen wollen wir ja auf europäischer Ebene beschließen des iranischen Regimes, aber auch unsere Instrumente sind ja irgendwo begrenzt
00:44:17: und das Wichtige ist halt die Sichtbarkeit und den Druck und die Solidarität aufrecht zu erhalten.
00:44:22: Und du sagst natürlich, das sind begrenzte Instrumente in gewisser Weise und zugleich, das ist ja auch in deinem Statement deutlich geworden,
00:44:30: sind es wahrscheinlich ganz, ganz wichtige, ganz entscheidende Sachen, die Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten.
00:44:36: Und wir haben ja in den vergangenen Monaten beobachten können, dass es da, wo es Aufmerksamkeit gab,
00:44:41: dass das auch konkret sozusagen Menschenleben beeinflusst hat. Also wenn ein Hollywoodstar, ich glaube es war Angelina Jolie,
00:44:47: einen Beitrag geteilt hat, wenn Joko und Klaas ihren Kanal zur Verfügung gestellt haben, hat das reale Effekte gehabt.
00:44:53: Absolut. Und gleichzeitig aber auch immer zu sagen, dass Demokratie und Gerechtigkeit nicht etwas sein wird,
00:45:00: was man von außen auf den Iran raufdrücken kann, sondern das muss halt von den Menschen im Iran aufgebaut werden
00:45:06: und deswegen ist die Solidarität so wichtig und das ist ja auch ein Leitspruch der friedliche Eberstiftung.
00:45:11: Demokratie braucht Demokratien. Da muss man ganz klar sagen, dass das eben genau der Kampf ist, mit dem wir uns solidarisieren,
00:45:17: mit den Menschen im Iran, die halt für genau diese andere Gesellschaft einstehen.
00:45:22: Total, es passt gut zur Eberstiftung und zu ihrer Geschichte.
00:45:26: Wir werden diese Folge am 8. März ausstrahlen, Weltfrauentag und ich würde gerne noch einen Sprung machen von dieser feministischen Revolution
00:45:34: und mit dir ein bisschen über den Stand des Feminismus in Deutschland reden.
00:45:38: Keine Exkurs.
00:45:39: Genau, ein kleiner, aber wichtiger Exkurs.
00:45:42: Und dich zunächst fragen, wie der so deine Einschätzung ist, wo wir da stehen.
00:45:48: Persönlich hat manchmal den Eindruck, wir hatten da eigentlich so eine Geschichte schon durchaus von Fortschritten
00:45:54: und jetzt stehen wir aber an einem schwierigeren Punkt.
00:45:57: Wir erleben in anderen Ländern zumindest das Handfest Frauenrechte und Menschenrechte zurückgedreht werden.
00:46:04: Ich denke dann, die Veränderungen etwa der Möglichkeit abzutreiben in den USA, in Polen und so weiter.
00:46:11: Und ich habe auch den Eindruck, dass wir in Deutschland quasi in Schwierigkeiten laufen.
00:46:18: Also, dass das kein linearer Prozess des Fortschritts ist.
00:46:21: Ich bin ganz gespannt, wie dein Eindruck ist.
00:46:24: Nee, das teile ich auch.
00:46:26: Also, ich glaube, dass teilweise wir feministische Kämpfe führen müssen, die schon seit Jahrzehnten geführt werden
00:46:32: und die wir weiterführen werden, weil sie eher angegriffen werden.
00:46:36: Und das auch erreicht, dass manchmal umgedreht wird.
00:46:39: Das hast du ja eben beschrieben.
00:46:40: Ich glaube, dass das Krasse ist, was wir als Gesellschaft erlebt haben,
00:46:44: dass die Krisen, die wir gerade haben, eigentlich immer zeigen, wie ungerecht unsere Gesellschaft noch ist.
00:46:50: Wer war in der ersten Reihe, als die Corona-Krise da war?
00:46:53: Das waren die Pflegekräfte, die Menschen, die eben noch in der ersten Reihe standen, die hauptsächlich Frauen sind,
00:47:00: die stärker betroffen waren von den Krisen.
00:47:02: Also, das hat man ganz klar auch nachvollziehen können später.
00:47:05: Also, wer hatte die größten Einkommenseinbrüche?
00:47:07: Wer hat auch krassere Folgen, auch psychischer gesundheitlicher Art von Corona gehabt?
00:47:13: Das waren eben vor allen Dingen Frauen.
00:47:15: Es ist auch bei der Klimakrise eine total spannende Diskussion und Beobachtung.
00:47:19: Also, dass man sieht, diejenigen, die halt Schwierigkeiten haben, ihre Energierechnung zu bezahlen, die in unsanierten Wohnungen wohnen.
00:47:26: All das sind auch häufiger Frauen, weil es eben Armut, soziale Ausgrenzung, etwas ist, was Frauen überproportional betrifft.
00:47:33: Weil es eben um die Frage von Lohnverteilung geht, von der Erwerbsbeteiligung von Frauen, von der Verteilung von Kehrarbeit,
00:47:40: von Renten, die deutlich niedriger sind, wo Deutschland auch ein Schlusslicht in Europa ist.
00:47:46: Mit Pension-Gab sagt man da, von 60 Prozent, das muss man sich mal reinziehen, 60 Prozent Unterschiede in den Renten.
00:47:54: Also, Deutschland ist da auch nicht Musterland.
00:47:56: Wir müssen nicht so tun, als wären wir so viel gleichberechtig da.
00:47:58: Also, im europäischen Vergleich sind wir da eher Mittelfeld.
00:48:02: Und das muss sich halt ändern.
00:48:03: Und da müssen wir an die strukturellen Ursachen ran.
00:48:05: Wir müssen eben dafür sorgen, dass Frauen Erwerbsbeteiligung ermöglicht wird, dass Kehrarbeit gerecht verteilt wird,
00:48:10: dass gleicher Lohn für gleicher Arbeit endlich gilt.
00:48:13: Da hatten wir tatsächlich jetzt ein Erfolg auf europäischer Ebene, weil wir ein Lohntransparenzgesetz,
00:48:17: die Mitgliedstaaten müssen da jetzt liefern, tatsächlich Lohntransparenz zu organisieren.
00:48:21: Aber all diese Ungleichheiten, die sind halt immer noch da und die werden sogar größer.
00:48:26: Und die müssen wir bekämpfen.
00:48:27: Und deswegen ist es so wichtig, dass man am 8. März auf die Straße geht, um diese Kämpfe sichtbar zu machen.
00:48:33: Dieses Jahr werden sich ja auch viele Bewegungen und Demonstrationen mit den Frauen im Iran solidarisieren,
00:48:38: was auch richtig ist.
00:48:39: Aber das ist auch das Wichtige.
00:48:41: Die feministischen Kämpfe sind nicht national, sie sind global, sie sind miteinander verschränkt.
00:48:46: Und deswegen müssen wir da auch zusammenhalten.
00:48:48: Es geht um gemeinsames Handeln.
00:48:50: Ich habe manchmal den Eindruck, dass diese Tendenzen, die du beschrieben hast, diese Rückschritte,
00:48:55: diese krasse Retraditionalisierung während der Pandemie,
00:48:59: dass dann plötzlich wieder die Frauen zu Hause für Kinder und Herzt zuständig sind,
00:49:03: nach all den Fortschritten, die wir hatten, dass das trotzdem nicht so in dieser Dramatik wahrgenommen wird.
00:49:10: Wenn ich meinen Studentinnen und Studenten rede, dann gibt es da schon irgendwie das Bild,
00:49:14: das vielleicht hier und da noch die eine oder andere Benachteiligung gibt.
00:49:18: Aber eigentlich im Großen und Ganzen sind wir doch gleichberechtigt.
00:49:21: Erlebst du das auch oder ist das nur meine Bubble?
00:49:24: Ich glaube, es kann man vor allen Dingen in der Ausbildung im Studium ganz gut sagen,
00:49:29: weil da schneiden wir als Frau noch immer noch besser ab.
00:49:32: Wir sind präsenter, sind mehr.
00:49:34: Aber ich erlebe das gerade, ich bin jetzt ja auch 30 geworden.
00:49:38: Und bei mir ist es im Freundeskreis so, dass Leute jetzt halt mitten im Berufsleben stehen,
00:49:42: dass man Kinder bekommt und diese ganzen Ungleichheitsfragen, die prasseln selbst bei gut ausgebildeten Leuten,
00:49:49: die halt eher gut verdienen, die Mittelschicht sind, um das jetzt mal zu sagen, da merkt man das selbst.
00:49:57: Also da merkt man die Ungleichheit, da ist es eher die Frau, die in Elternzeit geht.
00:50:01: Da ist es eher mit veränderten Reaktionen darauf.
00:50:04: Es gibt halt immer mehr, glaube ich, auch den Wunsch, so ist es zumindest in meines Freundeskreises,
00:50:09: dass man auch als Vater gerne mehr Verantwortung da in Erziehung übernehmen will.
00:50:14: Aber das ist halt oft in den Realitäten, wie man das organisiert kriegt,
00:50:17: wie auch die gesellschaftliche Akzeptanz im Betrieb und so weiter ist,
00:50:20: dass es eher schwierig ist, umzusetzen.
00:50:23: Also dementsprechend gibt es, glaube ich, immer im Leben einen Moment, wo man merkt,
00:50:27: Moment mal, das ist doch nicht so gleichberechtigt, wie ich einmal dachte.
00:50:31: Und den Punkt den merke ich schon oft.
00:50:33: Also das auch Frauen, die also in Führungspositionen sind,
00:50:36: an irgendeinem Punkt ihrer Karriere immer gemerkt haben, es gibt halt Männernetzwerke,
00:50:40: die für uns Frauen unerreichbar und die halt einfach so mächtig sind,
00:50:44: dass man da ohne Gegenhalten und sich miteinander vernetzten Banden zu bilden,
00:50:49: gar nicht gegenankommen kann.
00:50:51: Also dementsprechend ja, am Anfang, und das geht, glaube ich, jedem so,
00:50:55: dass man auch zum Beispiel Quoten immer gedacht hat, das braucht man ja nicht,
00:50:58: das schaffen wir auch so.
00:51:00: Aber es kommt in diesen entscheidenden Lebenssituationen immer wieder,
00:51:04: dass man irgendwo merkt, wie ungleich unsere Gesellschaft ist
00:51:07: und irgendwann immer zu Feministin wird.
00:51:09: Das ist meine Überzeugung.
00:51:11: Also irgendwann in irgendeinem Punkt seines Lebens kann man nur feministisch werden.
00:51:15: Das ist unvermeidbar, Feministin zu werden, genau.
00:51:18: Also wir müssen diese Folge früh am Morgen des 8. März online stellen,
00:51:24: damit wir quasi nach daim Abhält dann ganz viele Menschen auf die Straßen kriegen,
00:51:28: ist mein Eindruck.
00:51:29: Das sind noch ein kurzes Blick in die Zukunft, machen zum Abschluss.
00:51:32: Wir haben ja gehört, wie du zur Politik gekommen bist, was dich gerade bewegt.
00:51:37: Gibt es etwas in den nächsten 2-3 Jahren, was dir besonders wichtig ist,
00:51:41: was du dir vorgenommen hast, was vielleicht in dieser Legislaturperiode
00:51:44: noch laufen soll oder so, was sind die wichtigen Themen,
00:51:47: wo du noch weiter daran arbeiten willst?
00:51:49: Also ich krempel gerade die europäische Wirtschaft um,
00:51:52: in dem Sinne, dass ich eine Kreislaufwirtschaft organisieren will.
00:51:55: Das kümmern mich da gerade jetzt persönlich um Verpackungen
00:51:58: und wie wir Verpackungsmüll vermeiden in der EU,
00:52:01: um nachhaltige Textillieferketten.
00:52:03: All das treibt mich gerade ganz konkret um, jetzt aber eher noch in diesem Jahr hoffentlich,
00:52:08: dass wir das alles durchbekommen.
00:52:10: Was die größere Herausforderung wird, ist, also wir haben ja sehr viel über
00:52:14: wenig Zeit gesprochen und wie große Veränderungen eigentlich anstehen
00:52:18: in so kurzer Zeit, die wir eigentlich nur haben, um diese wirklich auch
00:52:21: wirklich so zu organisieren, dass sie nicht zu krassen sozialen Verwerfungen führen werden.
00:52:26: Und da macht mir natürlich der Blick auf die Europawahl nächstes Jahr ziemlich große Sorgen.
00:52:31: Wir hatten ja jetzt in Schweden, aber auch in Italien so Tabubrüche in der europäischen Politik,
00:52:37: wo auf Seiten der Konservativen die Koalition und auch Unterstützung,
00:52:44: Duldung durch rechte Parteien normalisiert wurde.
00:52:48: Also, dass man ohne Probleme mit einer Melonie, einer Postfaschistin in Italien in eine Regierung geht,
00:52:54: dass man sich in Schweden dulden lässt von den Schwedendemokraten
00:52:57: einer rassistischen, zu tief menschenfeindlichen Partei.
00:53:01: Und es ist ein Tabubbruch, den es bisher so auf europäischer Ebene noch nicht gab.
00:53:05: Bisher gab es zwischen den demokratischen Parteien in Europa die Einigkeit,
00:53:10: dass man mit den Rechten nicht zusammenarbeitet.
00:53:12: Und diese Gewissheit ist halt vorbei, die Konservativen arbeiten zusammen mit den Rechten
00:53:17: und da muss man, müssen wir gegenhalten.
00:53:20: Und das ist halt das, was die Herausforderung wird und die mich auch immer umtreibt.
00:53:25: Also, ich will nicht immer nur dagegenhalten müssen.
00:53:27: Ich will auch dafür sorgen, dass wir sagen, wie es eigentlich sein sollte,
00:53:31: weil auch viele Menschen so zu Recht Kritik daran haben, wie die EU funktioniert.
00:53:35: Aber das wird eine große Herausforderung, wie wir es schaffen, für Europa zu mobilisieren,
00:53:41: aber mit dem Ziel, Europa besser zu machen und nicht nur als Abwehrkampf gegen diesen Angriff von rechts,
00:53:46: der jetzt noch mal größer geworden ist durch diese Allianz zwischen Konservativen und den Rassisten.
00:53:51: Und vielleicht steckt in dem, was du gerade gesagt hast, ja schon ein Teil der Antwort, wie man damit umgehen kann.
00:53:57: Also quasi keinen Abwehrkampf nur führen.
00:54:00: Wenn man einen Abwehrkampf führt, bedeutet das ja auch, dass man immer auf die Themen,
00:54:04: auf die Erzählungen sozusagen der anderen reagiert.
00:54:08: Und du sagst, das muss irgendwie eine eigene positive Vorstellung,
00:54:12: eine positive Vision sein, die mobilisiert.
00:54:14: Absolut. Also die Konservativen haben jetzt gesagt, dass das entscheidende Thema für die Europawahl
00:54:20: die Migrationspolitik sein wird.
00:54:22: Gucken wir uns mal an, was so Eurobarometer und die Umfragen, die es so gibt, eigentlich sagen,
00:54:26: was die europäischen Bürgerinnen und Bürger wirklich interessiert.
00:54:29: Dann ist es halt der Krieg in der Ukraine.
00:54:31: Es ist die steigenden Energiepreise, die gleichzeitig nicht steigenden Löhne.
00:54:36: Also offensichtlich wird da politisch mobilisiert, anhand der Interessen und der Themen,
00:54:41: die Menschen in Europa wirklich bewegen.
00:54:43: Und deswegen wird es nicht schwierig, gegen zu halten, weil wir einfach wirklich über das reden,
00:54:47: was Menschen interessiert und worüber sie Angst haben.
00:54:50: Und das ist eben diese Angst, die wir ihnen nehmen müssen mit einer positiven Erzählung,
00:54:54: dass Europa genau dieser Garant für Sicherheit in diesen schwierigen Zeiten sein wird.
00:54:58: Und das ist das, wofür wir als SPD kämpfen werden, für ein Europa,
00:55:02: das in der Lage ist, seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen,
00:55:05: zu stärken und zu empowern, in Wandel eben Sicherheit zu haben.
00:55:10: Und das ist unsere Aufgabe als Sozialdemokratie.
00:55:12: Und wenn die Konservativen darüber sprechen wollen, wie sie Abwehrkämpfe führen
00:55:16: und wie sie sich mit der AfD betteln, darüber, wer jetzt der größere Law-and-Order-Typ ist,
00:55:21: ist das nicht unsere Politik, wir wollen Politik für die Menschen machen.
00:55:24: Und das sind die Themen, die die Menschen beschäftigen.
00:55:26: Und da ist es auch leicht, nicht in Abwehrkämpfe zu befallen,
00:55:29: weil wir über das reden, was die Menschen wirklich interessiert.
00:55:31: Sehr gut. Sicherheit im Wandel für die Menschen.
00:55:35: Herzlichen Dank, Dilara.
00:55:37: Danke für die Offenheit.
00:55:38: Danke für das, ich finde, echt beeindruckende, spannende Gespräch.
00:55:42: Es ist ja deutlich geworden, was dich motiviert.
00:55:44: Und ich fand das unfassbar interessant, mit dir auch über die Situation im Iran zu reden.
00:55:49: Und es ist deutlich geworden, es ist noch einiges zu tun in den nächsten Jahren,
00:55:53: um eine Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit weiter zu verwirklichen.
00:55:58: Herzlichen Dank für den Austausch.
00:56:00: Danke dir.
00:56:02: [Musik]
Neuer Kommentar